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Filmkritik
Wenn zu Beginn von „Avatar: Fire and Ash“ zwei Brüder auf geflügelten Raubtieren durch die Lüfte schweben, um sich wirbeln und geradezu schwerelos ineinander zu verdrehen, zeigt Regisseur James Cameron noch einmal, wie verlockend die Kinozukunft im Jahr 2009 ursprünglich ausgesehen haben mag. Mit dem ersten Teil seines „Avatar“-Unterfangens wagte er eine damals visionär erscheinende Neudefinition der 3D-Technologie als Hilfsmittel für immersive Filmräume, die mittels digitaler Konstruktion und wohldosiert real gedrehtem Material schier unendlich erweitert und ausgeschmückt werden konnten.
Das Angebot zur visuellen Versenkung schien sehr angeraten: denn die Zukunftsfabel um den US-Soldaten Jake Sully (Sam Worthington), der auf einer Forschungsmission zum Mond Pandora auf eine menschenähnliche Spezies namens Na’vi stößt und am Ende seinen menschlichen Körper für das gemeinsame Zusammenleben aufgibt, erwies sich erzählerisch als zu dünn und esoterisch verbrämt. Der Film spielte bis heute 2,9 Milliarden Dollar ein, ohne dass seine Figuren popkulturelle Spuren hinterlassen hätten. Aber auch als durch „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ die 3D-Auswertung von Blockbustern für einige Jahre fester Grundpfeiler von Hollywoods Kinostrategie wurde, wollte kaum jemand Cameron nachfolgen. Anstelle von penibel errechnetem und mit 3D-Kameras gefilmtem Worldbuilding verloren sich die dominierenden Filmreihen dieser Zeit weitgehend in lieblos hinzugerenderten 3D-Effekten.
Gefilmt in ultrahochauflösendem 3D
13 Jahre verstrichen bis zur Fortsetzung „Avatar – The Way Of Water“ (2022), eine Zeitspanne, in der Cameron an selbstgestellten technischen Aufgaben feilte. Sogenannte Motion-Capture-Aufnahmen, die Umwandlung von menschlichen Bewegungen für virtuelle 3D-Avatare in Echtzeit, sollten unter Wasser möglich und beherrschbar gemacht werden. Das Ergebnis war ein fraglos spektakulärer Schauwert, der aber kaum über das tosende Pathos der uferlosen Geschichte hinwegtröstete, die zwischen naiv antikolonialen Westernmotiven und Anlehnungen an „Apocalypse Now“ absoff.
Auch den dritten Teil „Avatar: Fire and Ash“ möchte man deshalb zuerst eher auf seine technischen Neuerungen und Veränderungen abklopfen, als sich allzu schnell der weitererzählten und auch diesmal erneut ebenso aufgeblasenen wie unerheblichen Geschichte zu ergeben. Im Vergleich zu den Vorgängern scheint das ultrahochaufgelöste 3D in den Bewegungen deutlich flüssiger und weniger kontrastreich zu sein. Doch wirklich neue, ungesehene Welten oder neue immersive Versuchungen bietet der Film, der mit üppigen 197 Minuten Laufzeit der bislang längste der Reihe ist, überraschenderweise überhaupt keine.
Stattdessen liegt nur allzu bald der Gedanke nahe, dass James Cameron nicht mehr Schöpfer spielen will, sondern längst zum selbstgenügsamen Ehrenbewohner auf Pandora geworden ist, der durch seinen eigenen Kosmos spazieren möchte. „Avatar: Fire and Ash“ ist dadurch der erste Film der Reihe, der sich dem Irrglauben hingibt, seine tatsächlichen Stärken würden im Erzählerischen liegen. So wird aus dem bislang verzeihlich dahinschraffierten Märchen ein erdrückend mythenschwangeres Opus über Trauer und Schuldbewusstsein.
Kämpfe in Grau
Nicht nur die menschlichen Handlanger einer Tech-Organisation, darunter der von Stephen Lang gespielte Colonel Miles Quaritch, trachten dem im Einklang mit der Natur lebenden Volk der Metkayina nach ihrem Lebensraum, sondern auch ein Feind von innen. Auf ihren aus Holz gewickelten Steampunk-Schiffen, die von fliegenden Flundern über den Himmel gezogen werden, locken Händler ein kriegerisches Volk, das selbst zu den Na’vi gehört, ins fragile Elysium. Unter Führung von Varang (Oona Chaplin) leben die Mangkwan seit Jahrzehnten in einer Welt aus Schutt und Asche, einer grauen Wüstenlandschaft, die vom Feuer zerstört und unfruchtbar gemacht wurde. Was ihnen an technischen Hilfsmitteln mangelt, gleichen sie durch aggressive Archaik und fanatische Überzeugung aus. Einen ersten Flugangriff auf das arkadische Paradies von Jake Sully und seinem wahlverwandten Volk absolvieren sie wie moderne Kamikaze-Flieger als Selbstaufgabe für einen höheren Zweck.
Mit dem verkohlten Zinnoberrot ihrer Welt, den sie stolz als grelle Kriegsbemalung tragen, scheint sich zunächst ein neuer Farbton in die grün-bläuliche Kolorierung von Pandora zu mischen. Doch der Film verhandelt die Kämpfe und Konflikte überwiegend in Abstufungen von Grau. Auch in erzählerischer Hinsicht ist es über drei Stunden kaum möglich, den immer wieder neu konfigurierten Auseinandersetzungen zu folgen.
Vom Architekten zum Gärtner
Rund anderthalb Jahrzehnte lang, von „Terminator“ (1984) bis „Titanic“ (1997), standen die technischen Neuerungen von Camerons Filmen stets auch für neu erschlossene Möglichkeitsräume des Kinos. Und auch beim ersten Teil der „Avatar“-Filmreihe arbeitete der Regisseur noch wie ein Landschaftsarchitekt, der in die Tiefe des filmischen 3D-Raumes hineinplante. Mit „Avatar: Fire and Ash“ ist Cameron nun aber zum bloßen Gärtner sattsam bekannter und gehegter Anlagen geworden.