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Das Geheimnis der Frösche

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Die kleine Lilly darf zu den Nachbarn, als ihre Eltern nach Afrika fahren. Langweilig wird es Lilly mit dem Nachbarsjungen Tom und den vielen Tieren der Farm nicht. Als dann Frösche einen sintflutartigen Regen voraussagen und das ganze Land unter Wasser ist, blasen sie einen Traktorreifenschlauch auf und nehmen alles, was an Landlebewesen noch nicht ertrunken ist, an Bord ihres schwimmenden Hauses.

Es ist ein idyllisches, auffallend „rundes“ Land, das Regisseur Jacques- Rémy Girerd in seinem liebenswürdigen, aufwändig in guter alter „Handarbeit“ gezeichneten Film entwirft. Unter der heiß strahlenden Sonne meint man gar die Krümmung der Erde zu erkennen; rund sind ebenso die großen Räder des Traktors, den der ehemalige Seefahrer und jetzige Bauer Ferdinand fährt, wie sein gewaltiger und „gemütlicher“ Körper, der ungebrochen Zuversicht und Sicherheit ausstrahlt. Bei ihm fühlen sich seine schwarze Lebensgefährtin Juliette und ihr gemeinsamer Adoptivsohn Tom „rundum“ geborgen. Dass die kleine Familie auch gut auf Lili, Toms etwa gleichaltrige Spielgefährtin, aufpassen wird, als ihre Eltern verreisen, ist selbstverständlich. Lilis Eltern betreiben einen in der Nähe von Ferdinands Hof liegenden Zoo, und nun gehen sie auf große Fahrt, um Krokodile zu fangen. Kaum ist der herzliche Abschied vollzogen und kaum ist der Alltag erforscht, da werden Lili und Tom mit einer seltsamen Warnung konfrontiert, die angesichts der fortwährenden Hitze kaum glaubwürdig erscheint – aber die Frösche haben intensive Forschungen betrieben und wissen: Es wird 40 Tage und Nächte regnen, und alles auf Erden wird unter den Wassermassen ertrinken. Fast kommt die Warnung zu spät, denn ein gewaltiger Sturm braust auf, bei dem sich die vier Menschen und alle Tiere pärchenweise in Ferdinands riesige Scheune flüchten – sie wird für sie zur schwimmenden Arche, mit der sie in eine ungewisse Zukunft voller Gefahren und Bewährungsproben aufbrechen.

Und so erzählt der farbenprächtige Zeichentrickfilm mit ausgesucht schönen, betont „naiv“ gehaltenen Bildern voller hintergründiger Poesie, mit ausgelassenem Witz, aber auch viel Nachdenklichkeit die biblische Geschichte der Arche Noah neu – fernab von jeder Disney- Süßlichkeit, mit einem ganz eigenen Charme, in flächigen Entwürfen, die die charaktervolle Skurrilität von Menschen und Tieren ebenso virtuos herausarbeiten, wie sie in weiten Totalen den Raum und die Muße zum sinnlichen „Ein- und Durchatmen“ schaffen. Die Weite des Himmels, die Unendlichkeit des Meeres, die Stille einer untergegangenen Welt – alles lädt ein zur spielerischen, mal kindgerecht komischen, mal aber auch tragischen Annäherung an den Schöpfungsmythos und die von ihm ausgehenden universellen Fragen: nach den Konflikten und Bewährungsproben im täglichen Miteinander, nach Toleranz, Mut und Zivilcourage, Verantwortungsgefühl, Liebe und Nächstenliebe, ja auch nach Tod und Verlust. Es ist ein kleines Wunder, wie selbstverständlich und ungezwungen in die eigentlich kleine und überschaubare Märchenfabel „große“ Themen einfließen; so spannend die Queste von Mensch und Tier als großes Abenteuer daherkommt, so intensiv fordert sie stets auch heraus, das (eigene) Leben zu überdenken. Für Ferdinand und Juliette ist ihre Liebe die Basis ihrer Hoffnungen auf einen möglichen Neuanfang; sanft, aber beharrlich geben sie diese Gewissheit als Botschaft an die beiden Kinder weiter, die sich alsbald in einen handfesten „Aufstand der Tiere“ bewähren müssen: Ferdinands vehementer Appell an solidarisches Miteinander auf der Scheunenarche widerspricht auf Dauer der „Natur“ der Fleisch fressenden Tiere, die sich von einem intrigierenden, tyrannischen Bösewicht verführen lassen und somit das Gleichgewicht des gemeinsamen Überlebenskampfes in Frage stellen. Selbst Themen wie Diktatur, lebensbedrohender Hass und fehlleitende Rache klingen an, bis es an den beiden Kinder ist, die Weichen dafür zu stellen, dass ein neues Leben nach der Flut wirklich möglich wird.

So werden die Kinder zum Versprechen auf eine bessere Zukunft, die Toleranz und Aufrichtigkeit als essenzielle Grundlagen einfordert – wobei man an dieser Stelle tunlichst innehalten sollte, um die Qualitäten dieses zauberhaften Films nicht mit allzu großen Worten und Interpretationen zu zerreden. Natürlich transportiert die Fabel alle angesprochenen Werte (und sogar noch mehr, wenn es beispielsweise um die erste kindliche Begegnung der Kinder mit ihrer Sexualität geht); vor allem aber ist „Das Geheimnis der Frösche“ ein spannendes und unterhaltsames Abenteuer mit sympathischen Menschen und liebenswert-skurrilen Tier-Persönlichkeiten: Elefanten, die, eingepfercht im Innern der Arche, über die Ereignisse räsonnieren, Ferkel, die sich über 28 Tonnen Pommes Frites freuen, diskutierende und lamentierende Raubkatzen und ein Fuchs, wilde Krokodile und eine herrlich vielschichtig angelegte Schildkröte, der Nina Hagen eine fulminante deutsche Stimme verleiht. Wie sich überhaupt die deutsche Synchronisation dem hohen gestalterischen Niveau des Films wohltuend anpasst und zu dem großen Spaß mit viel Tiefgang – und einem erneut rundum schönen Happy End – beiträgt.

Veröffentlicht auf filmdienst.deDas Geheimnis der FröscheVon: Horst Peter Koll (27.11.2025)
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