Szene aus Der Fuchs
Filmplakat von Der Fuchs

Der Fuchs

118 min | Drama, Kriegsfilm, Historie | FSK 12
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Dieser Film ist die wahre Geschichte von Franz Streitberger, Adrians Goigingers Urgroßvater, einem Motorradkurier des Österreichischen Bundesheeres, der mit dem Anschluss in die Wehrmacht eingegliedert wird. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs findet der introvertierte junge Soldat einen verwundeten Fuchswelpen. Er möchte ihm ein besserer Vater sein, als es seiner je war. Er versorgt ihn wie sein eigenes Kind und nimmt ihn mit in das besetzte Frankreich. Durch diese sonderbare Freundschaft mit dem Tier holt ihn seine eigene Vergangenheit als verstoßener Bauernsohn langsam ein, vor der er stets davongelaufen ist.

Filmkritik

Zu Beginn von „Luise“ senkt sich die Kamera wie eine schwere Decke von oberhalb der Baumwipfel durch das Dickicht der Tannen. Die Gravitationskräfte drücken nach unten, auf den Boden der Wirklichkeit; dadurch verengt sich die Welt und mit ihr die Sicht. Gleichzeitig ist klar, dass es da draußen weit mehr gibt als den abgeschiedenen Bauernhof, auf dem die fromme Bäuerin Luise (Luise Aschenbrenner) nach dem Tod ihrer Mutter ganz alleine lebt. Zum Beispiel einen schrecklichen Krieg. Aber auch andere Arten des Lebens als das Dasein, das für Luise scheinbar vorgesehen ist.

„Luise“, eine lose Adaption einer Novelle von D.H. Lawrence, spielt kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs nahe der französischen Grenze. Regisseur Matthias Luthardt, der die Handlung von England ins Elsass verlegt, hält sich nicht lange mit einer Exposition auf und lässt die drei Figuren nach wenigen, fast skizzenhaften Bildern aufeinandertreffen. Eine junge Französin (Christa Théret) auf der Flucht vor einem deutschen Soldaten steht plötzlich in Luises Küche. Und auch ihr verletzter Verfolger (Leonard Kunz) lässt nicht lange auf sich warten.

Zu dritt zusammengezwungen

Hélène, auf der Durchreise nach Holland, hat einen Fähnrich erstochen, der sie gewaltsam bedrängte. Hermann, der dem Übergriff tatenlos zusah, will sie eigentlich gefangen nehmen, entschließt sich dann aber aus Kriegsmüdigkeit und Erschöpfung zur Desertation. Luise versorgt die Wunden des Soldaten und gewährt beiden Unterschlupf. Die Dreieckskonstellation, die sich aus dieser Ausgangssituation entwickelt, ist so prekär wie asymmetrisch. Nicht zuletzt durch die Sprachbarrieren. Luise und Hélène sprechen Französisch miteinander, die Sprache des Feindes; Luise und Hermann Deutsch, Hélène versteht zumindest Deutsch, Hermann jedoch kein Wort Französisch. Mit Elsässisch kommt noch eine dritte Sprache hinzu. Sie ist den Gesprächen mit dem Hauptmann vorbehalten, der auf der Suche nach dem Fahnenflüchtigen Luise verhört.

Es ist eng in den Räumen zu dritt, die niedrigen Decken pressen die Figuren in den knarzenden Dielenboden, jede Zweierkonstellation produziert Ausschluss – und ein Gefühl von Konspiration. Unter den misstrauischen Blicken von Hermann kommt es zwischen den beiden Frauen zu einer Annäherung, obwohl für Luise an Hélène zunächst alles fremd und ein wenig beängstigend ist: ihre Ablehnung des Glaubens, ihre Offenheit und Direktheit, die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich nackt ins Bett legt oder ihre Aussage, in Holland könne sie „sie selbst“ sein. Für Luise, die bisher überhaupt keinen Begriff von einem Selbst hatte, vergrößert sich die Welt. Und sie erfährt, was es bedeutet, berührt zu werden und einen Körper zu haben.

Der Fuchs & die Hühner

Matthias Luthardt erzählt in seinem ländlichen Kammerspiel von Luises Erwachen in schlichten, fast etwas verhaltenen Bildern. Weitaus dominanter und forcierter sind die Streicherklänge, die sich mal in die Fläche ausbreiten, mal beunruhigend zupfen und die wechselnden Spannungsverhältnisse zwischen den Figuren untermalen.

Luise, die die Liebe zu Hélène zunächst als etwas fast Organisches erfährt, wird durch Hermanns Rede von der „ansteckenden Krankheit“ aufgewiegelt und in ihren Gefühlen erschüttert. Mit allen Mitteln versucht er sie für sich zu gewinnen. Etwa wenn er den Fuchs, der die wenigen verbliebenen Hühner reißt, zum göttlichen Zeichen für die Gefahr in den Dienst nimmt, die von der „gottlosen Französin“ ausgehen soll.

„Luise“ wird vor allem von den Darstellerinnen Luise Aschenbrenner und Christa Théret getragen. Ihr Zusammenspiel ist feinfühlig und schön, reicht jedoch nicht ganz aus, die Schwächen der Inszenierung zu überdecken. Es fehlt ihr ein wenig an Dichte – und gleichzeitig an Luft. Jenseits der Aufgaben, die die Figuren in der Geschichte zu verrichten haben, bleibt ihnen nur wenig Raum.

 

Erschienen auf filmdienst.deDer FuchsVon: Esther Buss (28.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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