


Vorstellungen
Filmkritik
Kaum eine szenische Konstellation ist in klassischen Liebenskomödien so oft variiert worden wie die des schrulligen Paars, das sich zu Beginn so gar nicht ausstehen kann und im Laufe unzähliger pointierter Streitgespräche schließlich doch zusammenfindet. Frank (Keanu Reeves) und Lindsay (Winona Ryder) treffen zufällig am Flughafen aufeinander und geraten sofort in einen Konflikt, der zugleich ihre beiden Charaktere konturiert: Der zynische Marketingchef drängelt sich vor, die entrüstete Anwältin gegen „kulturell unsensibles Verhalten“ macht eine Szene daraus. Doch auch Lindsays Sensibilität ist nicht besonders ausgefeilt und in puncto Negativität steht sie ihrem Gegenüber in nichts nach. Natürlich treffen sich die beiden kurz darauf in der Maschine als Sitznachbarn wieder und stellen fest, dass sie zudem das gleiche Ziel verbindet: Eine Hochzeit in den malerischen Weinbergen Kaliforniens. Frank ist als Halbbruder von seiner Mutter gezwungen worden, an der Zeremonie teilzunehmen, Lindsay pilgert als Ex-Verlobte des Bräutigams zu der Feier, um in ihrem eigenen Masochismus zu schwelgen. Schon bald zeigt sich in ihren Wortgefechten eine gemeinsame Grundhaltung, denn sie durchschauen die leeren Versprechungen gesellschaftlicher Rituale. Hochzeiten sind für sie ganz offensichtlich verlogene „Good Life Fantasies“, Familienidylle nach außen gekehrte Heuchelei und die Vorstellung funktionierender monogamer Beziehungen sowieso nur Ideologie. Schließlich werden die beiden bei den Feierlichkeiten zum Rettungsanker des jeweils anderen. Anstatt allein am Katzentisch sitzen zu müssen, ereifern sie sich nun gemeinsam voller Sarkasmus über die anderen Gäste. Als es dann doch noch funkt, passt das wiederum gar nicht in die pessimistische Grundhaltung der beiden. Victor Levin, der bereits mit seinem Film „Von 5 bis 7 – Eine etwas andere Liebesgeschichte“ (fd 44 052) zeigte, wie man eingefahrenen Genre-Konventionen neue Aspekte abgewinnen kann, widmet sich diesem Ansatz bei „Destination Wedding“ nun erneut, was weitestgehend durch die unterhaltsame und psychologisch genaue Inszenierung einer Paardynamik überzeugt. Die prominente Besetzung mit Keanu Reeves und Winona Ryder, die hier ihre eigenen Rollen-Stereotype unterlaufen, trägt dabei zur Raffinesse des Beziehungsporträts bei. Levin, der auch das Drehbuch geschrieben hat, verzichtet angenehmerweise auf simple geschlechtsspezifische Gegenüberstellungen und lässt nicht einfach den unzugänglichen Mann auf die übersensible Frau treffen. Stattdessen verleiht er einem Gefühl Ausdruck, das möglicherweise immer mehr Menschen angesichts der Omnipräsenz von Online-Dating-Plattformen teilen: Dem Pessimismus in Bezug auf das einfache Suchen und Finden der großen Liebe. Die Möglichkeit allgegenwärtiger Kommunikation garantiert eben noch lange nicht eine tatsächliche Beziehung. Auch Levin lässt seine beiden Protagonisten ohne Unterlass reden und zeigt dabei ihre oft endlos wirkenden Dialoge in starren, unbeweglichen Einstellungen. Zusätzlich wird der Lärm der Außenwelt zugunsten des Schlagabtauschs in Zweisamkeit abgedämpft, was eine Konzentration auf die Dialoge, aber auch auf das gestische Repertoire der beiden Schauspieler zur Folge hat. Hin und wieder droht dabei der Fluss der Inszenierung durch diese Reduktion zu versanden, Reeves und Ryder tragen den Film jedoch über weite Teile mit ihrem selbstironischen Charme. Ähnlich wie Linklaters „Before“-Trilogie gelingt Levin somit eine Dekonstruktion des Liebesfilms, die trotzdem romantische Effekte zeigt und durch ihre bissigen Dialoge zum Nachdenken über etablierte Lebensentwürfe anregt.
