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Filmkritik
Als düster und trostlos empfand Hans Fallada die Arbeit an seinem letzten Roman. Briefe aus dem Jahr 1946 legen nahe, dass der Schriftsteller lange Zeit an der Aufgabe verzweifelte, in „Jeder stirbt für sich allein“ zumindest ein wenig Optimismus und Hoffnung einfließen zu lassen. Dafür bot die wahre Geschichte des Arbeiter-Ehepaars Hampel, das einen bescheidenen Widerstandsakt gegen das Nazi-Regime wagte und nach der Entdeckung hingerichtet wurde, auch nur wenig Spielraum. Selbst der Erfolgsautor Fallada konnte dieses Dilemma letztlich nicht lösen. Er behalf sich jedoch, indem er um das bei ihm Quangel heißende Paar ein reiches Figurenarsenal drapierte und den Stoff zum farbig geschilderten Berlin-Panorama der 1940er-Jahre erweiterte: das Bild einer demoralisierten Gesellschaft, in der Brutalität, Heimtücke und Spitzeltum die besten Mittel sind, um sich zu behaupten – oftmals erschreckend, aber authentisch und tief empfunden. An der Verfilmung des Fallada-Romans durch den Schweizer Schauspieler Vincent Perez ist hingegen allenfalls erschreckend, wie wenig er mit den Vorgaben anzufangen weiß. In der deutsch-französisch-britischen, auf 100 Minuten verknappten Version wurden ein Großteil der Nebenfiguren und -handlungen gestrichen, ohne dass dadurch erzählerische Ressourcen freigesetzt würden, um sich eingehender mit dem zentralen Paar und ihrem Widerstand zu beschäftigen. Stattdessen hastet der Film durch die einzelnen Stationen: Den Tod eines jungen Soldaten, die erwachende Wut seiner Eltern, die die NS-Herrschaft bislang kaum hinterfragten, der Entschluss des Vaters, subversive Postkarten gegen die Nazi-Verbrechen in Berlin zu verteilen, die gefahrvolle Ausführung des Plans, bei dem die Eheleute immer mehr ins Fadenkreuz der Polizei geraten. Wenn die beiden wiederholt nur knapp der Entdeckung entkommen, ringt Perez der Handlung immerhin für Momente jene Spannung ab, die ansonsten gerade in der Inszenierung der Paarbeziehung partout nicht durchdringen will – obwohl Brendan Gleeson und Emma Thompson ihren Figuren durchaus eindrücklich Profil verleihen. An den drehbuchbedingten Unglaubwürdigkeiten mühen sich die beiden internationalen Stars allerdings so vergeblich ab wie die ansonsten fast durchweg deutsche Besetzung. Vieles bleibt unerklärt im Raum stehen, etwa die bedeutende Frage, warum einfache Leute wie die Quangels ausgerechnet auf geschriebene Botschaften setzen. An anderer Stelle meint Perez dagegen unnötigerweise mit Dialogen benennen zu müssen, was gleichzeitig auf der Bild- und Tonebene passiert. Ähnlich unentschlossen ist auch sein Umgang mit der im Roman naturalistisch ausgemalten, allgegenwärtigen Rohheit im NS-Staat, die er mal unnötig glättet, mal plakativ überzeichnet. Perez’ „Jeder stirbt für sich allein“ ist ein Film, in dem die Verbrechen der Nazis nur auf den Rückseiten der kunstvoll auf alt getrimmten Karten vorkommen, während die Inszenierung ihrerseits nur in Postkarten-Optik eine Zeit abbildet, von der im Kino wahrlich nicht selten, aber selten so uninspiriert erzählt worden ist.
