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Filmkritik
Der erste Witz ist ein Hit. Der Late-Night-Host Jack Dorsey (David Dastmalchian) dankt bei seinem ersten Auftritt seiner Familie, die in diesem Moment sicher gebannt vor dem Fernsehbildschirm säße, um die „Tonight Show“ mit Johnny Carson zu sehen. In diesem Witz und den Lachern steckt nicht nur ein Quäntchen der sprichwörtlichen Wahrheit, sondern ihre Gesamtheit. Denn Dorsey ist erfolgreich, doch auch als er sich fest etabliert hat, wird er nie die Nummer eins im Late-Night-Fernsehen.
Eine Montage-Sequenz zu Beginn des Films zeichnet die Karriere des TV-Moderators nach: Den Aufstieg bis fast an die Spitze, das private Glück, aber bald auch die stagnierenden Einschaltquoten und die Krebserkrankung der frischgebackenen Ehefrau Madeleine (Georgina Haig). Dorsey weiß die großen Krisen für sich zu nutzen und den persönlichen Schicksalsschlag zu kommerzialisieren. Er lädt die Ehefrau in die Sendung ein, gibt das perfekt inszenierte bewegende Interview und hievt sich zumindest kurzzeitig aus dem Quotensumpf. Der Tod der Ehefrau aber beendet seine Karriere.
Die Zeichen stehen auf Kontroverse
„Late Night with the Devil“ setzt dort an, wo Dorsey nach einjähriger Trauerzeit zurückkehrt und zum zweiten Versuch ansetzt. Der Hauptteil des Films ist die letzte, als Found Footage präsentierte Ausgabe von Dorseys Late-Night-Show – ein Halloween-Special. Die Gäste sind das Medium Christou (Fayssal Bazzi) und der ehemalige Zauberkünstler Carmichael Haig (Ian Bliss), der mittlerweile als professioneller Skeptiker übernatürlicher Phänomene alle Art wissenschaftlich erklärt und potenzielle Scharlatane wie etwa Gast Nummer eins entlarvt. Als Dritte ist die Parapsychologin June Ross-Mitchell (Laura Gordon) eingeladen, die ebenfalls das Übernatürliche studiert, das in diesem Fall von einem jungen, angeblich dämonisch besessenen Mädchen verkörpert wird.
Alle Zeichen stehen damit auf Kontroverse. Die ist freilich vom Sender und vor allem auch von Dorsey gut geplant. David Dastmalchian macht sich fantastisch als zweifelhafter Show-Host, der alles und jeden zu kommerzialisieren vermag und zugleich immer dort, wo die Kamera läuft, eine überwältigende charismatische Fassade der Fröhlichkeit aufzubauen vermag.
Die Sendung, die „Late Night with the Devil“ zeigt, ist allerdings nur bedingt eine echte 1970er-Late-Night-Show. Die dazugehörigen Marken setzt der Film: Das Publikum ist da, der Aufnahmeleiter zählt zum Anfangsmonolog ein, die Band begleitet pointiert Dorseys routinierte Stand-Up-Routine und der Sidekick Gus (Rhys Auteri) muss sich den einen oder anderen Seitenhieb gefallen lassen. Die 1970er-Fernseh-Ästhetik ist so reizvoll wie die geplant gruseligen Momente, die alsbald einen ungeplanten Schrecken in die Sendung tragen. Medium Christou nimmt mit klassischer Routine Kontakt zum Jenseits auf, wird aber bald von einer allzu wahrhaftigen Macht besessen, die ihn schwarze Galle auf den Studioboden erbrechen lässt und wieder und wieder Details zum Leben von Dorseys Frau von sich gibt. Am stärksten sind diese Szenen dort, wo sie Dastmalchians brillante Heiterkeits-Maske herunterzureißen drohen, bevor der nächste Reklameblock dem beunruhigten und zugleich vom Quotenpotenzial der Ausrutscher beglückten Moderator eine Auszeit gönnt.
Werbung heißt Warten
Tatsächlich ist es die Werbeunterbrechung, die dem Wesen des Films am ehesten entspricht. Wo die Werbung läuft, gewährt der Film nicht nur einen Blick hinter die Kulissen, sondern offenbart, wie sich das zynische Kalkül des Showmasters zunehmend im Schatten seiner Beunruhigung wiederfindet. Werbung heißt eben auch Warten. Denn das Grauen, das seinen Weg in die Sendung findet, verschwindet ebenso schnell, wie es gekommen ist. Dazwischen schwillt nicht die Spannung an, es läuft ja die Werbung.
„Late Night with the Devil“ wartet auf den nächsten Schrecken. Wo dieser durchbricht, brennt die Luft; die Show drumherum scheint aber gar nicht erst Late-Night-Sendung sein zu wollen, sondern nur die dazugehörigen Momente zu setzen. So fällt im exzessiven Finale nicht die Realität in sich zusammen, sondern es werden nur ihre Marker ein wenig verschoben. Das Grauen ist wenig mehr als eine Nummernrevue, aber insbesondere dank des Moderators, den es heimsucht, eben auch „Good Television“.