- RegieEvent Director
- Dauer60 Minuten
- GenreFamilienfilmSpecial Event
- AltersfreigabeFSK 0
Vorstellungen
Filmkritik
„Die Mucklas und wie sie zu Petterson und Findus kamen“ ist der bislang letzte Versuch, das Franchise um die allseits beliebten Bilderbuchcharaktere von Sven Nordqvist auszupressen. Die Bilderbücher des schwedischen Zeichners erschienen ab Mitte der 1980er-Jahre und erhielten bald reichlich Gesellschaft in Gestalt von Mitmach-, Lieder-, Koch-, Wimmel- oder sogar Beschäftigungsbüchern. Ab den 1990er-Jahren filmte dann die „Sendung mit der Maus“ die Originalzeichnungen ab und eine Erzählerstimme aus dem Off las die Texte vor. 1999 erschien der erste Zeichentrickfilm „Pettersson und Findus“, an den sich eine 52-teilige Zeichentrickserie anschloss, der bis 2009 drei weitere schwedische Trickfilme folgten.
Nochmal fünf Jahre später wurde dann eine deutsche Verfilmung als „Petersson & Findus – Kleiner Quälgeist, große Freundschaft“ lanciert, mit Petterson in der Gestalt von Ulrich Noethen als realer Figur, und Findus als computergenerierter Katze aus dem Hause Pixomondo. Der Erfolg zog zwei Sequels nach sich, „Petterson und Findus – Das schönste Weihnachten überhaupt“ (2016) und „Pettersson & Findus – Findus zieht um“ (2018), in denen Noethen quasi unbemerkt, verborgen hinter schwarzem Vollbart und großem Hut, durch Stefan Kurt ersetzt wurde, Marianne Sägebrecht und Max Herbrechter als Beda und Gustavsson aber erhalten blieben. Damit war das „Pettersson & Findus“-Universum eigentlich auserzählt.
Eine Geschichte vor der Geschichte
Aber es gibt inzwischen ja auch noch die Möglichkeit der Prequels, in denen Nebenfiguren ihre eigene Geschichte erhalten. Mit „Die Mucklas und wie sie zu Petterson und Findus kamen“ bekommen die kleinen Fabeltiere aus dem Hause Petterson ihren eigenen Spielfilm. Also diejenigen, die in den Originalgeschichten von Petterson nicht bemerkt, von Findus aber gerne geduldet wurden und eine originelle eigene Geschichte in der Geschichte darstellten.
Die Filmemacher entschlossen sich, vielleicht inspiriert von den Minions aus „Ich - Einfach unverbesserlich“, die ja auch eine eigene Filmreihe und Vorgeschichte erhielten, also auch zu einem Prequel, dass die computergenerierten Mucklas mit einer theaterhaften Realfilmwelt technisch gekonnt zusammenmixt.
Die neue (Film-)Geschichte beginnt mit einem unglückseligen Todesfall. Der alte Hausbesitzer, bei dem die Mucklas bislang unbemerkt lebten, ist gestorben. Die kleinen Wesen lieben die Unordnung und verstecken gerne Dinge der Menschen, womit sie offensichtlich mit Klabautermännern verwandt sind. Ob der Herzinfarkt des ollen Hansson durch die Triezereien der Mucklas ausgelöst wurde oder nicht, bleibt dahingestellt; jedenfalls muss das Haus neu vermietet werden und gelangt dabei nicht an die reizende Konditorin Molli (Christine Urspruch), sondern an den finsteren Kammerjäger Karl (Uwe Ochsenknecht). Der kann die Mucklas zwar ebenfalls nicht sehen, aber im Unterschied zu den anderen Menschen riechen! Bald spürt er ihnen nach und setzt alles daran, das „Ungeziefer“ zu vertreiben.
Außerdem entpuppt sich seine Ordnungsliebe als höchst inkompatibel mit der Lebensweise der Mucklas. Deren Anführer sendet deshalb drei junge Mucklas aus, um eine neue Bleibe zu finden. Der sprachlich recht eigensinnige kleine Svartö (offensichtlich angelegt als Jar Jar Binks’ jüngerer Bruder), die muntere Svunja und der draufgängerische Tjorben erleben als eine Art Vater-Mutter-Kind-Combo einige Abenteuer und treffen eine Reihe von ungeschickten Entscheidungen, bis sie endlich – der Filmtitel verrät es – den Weg zu Petterson und Findus finden. Dafür brauchen sie gut 80 Minuten, und die werden für Kleinkinder und Eltern ziemlich lang.
Wenn die Guten nicht nur gut sind
Man kann über den Sinn und Unsinn von Kinofilmen für Vorschulkinder lange streiten, doch unabhängig davon sollten solche Versuche wenigstens die Gesetze der Filmgrammatik einhalten. Es wäre nicht falsch, die Hauptfiguren als liebenswerte Gestalten darzustellen, um sie von dem Bösewicht in der Geschichte, dem Kammerjäger Karl, abzusetzen. Doch spätestens dann, wenn das Trio das Haus der Konditorin Molli in die Luft sprengt, während Molli und Karl sich dort gerade bei einem Rendezvous näherkommen, gerät man als Zuschauer in die Bredouille, weil man nicht mehr zwischen Opfer und Täter, Held und Bösewicht unterscheiden kann. Auch geht Uwe Ochsenknecht in der Darstellung des manisch obsessiven Kammerjägers weit über die Grenzen guter Schauspielkunst hinaus, während Christine Urspruch kaum gefordert wird. Über die Charaktere von Karl und Molli erfährt man dabei mehr als über die titelgebenden Mucklas, deren Vergangenheit und Existenz oder ihre merkwürdige Abhängigkeit von Menschen nicht näher erläutert werden.
Die Entscheidung, sich komplett von dem ursprünglichen Design der Mucklas in den Kinderbüchern und den früheren Verfilmungen zu trennen und sie komplett neu zu gestalten, ist ziemlich verwegen und findet ihre Berechtigung allenfalls mit Blick auf das Merchandising; der Bilderbuch-Charme der alten, vertrauten Figuren ist jedenfalls verloren. Dafür bekommen die Mucklas eine merkwürdige Religiosität verpasst, die vom spirituellen Flaschendrehen über magische Utensilien bis hin zu kryptischen Prophezeiungen reicht – und die am Ende von ihrem Anführer als Mumpitz abgetan wird.
Kaum etwas macht Sinn
Hier macht also kaum etwas Sinn; manches gerät richtiggehend surreal, etwa ein bemerkenswerter, weil völlig sinnfreier Zwischenschnitt auf zwei schachspielende Ratten während einer Achterbahnfahrt in einer Bergwerks-Lore à la Indiana Jones. Als Eltern aber hat man da seinem Gehirn längst freigegeben, während sich die Kinder wohl noch abmühen, den Sinn hinter den chaotischen Abläufen zu entschlüsseln.
Auf der Habenseite des Films finden sich eine schöne Ausstattung und eine Kolorierung, die die Farbe in aktueller (deutscher) Kinderfilm-Manier allerdings so exzessiv nutzt, dass man ihre Kleckse förmlich von der Leinwand fliegen sieht. Der Film besitzt überdies die beängstigende Eigenschaft, dass man beim Anschauen bereits vergisst, ihn gesehen zu haben. Gemacht von Erwachsenen, die nicht mehr wissen, dass sie selbst mal Kind waren, und für Kinder, die alles widerspruchslos hinnehmen.