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Filmkritik
„Anaconda“ (1997) ist ein Kultfilm mit einer außergewöhnlichen Karriere. Der von Luis Llosa inszenierte Tierhorror wirkte seinerzeit wie ein Direct-to-Video-Formelfilm, der sich ins Mitternachtskino verirrt hatte, um dort überraschend erfolgreich zu werden. Im kulturellen Gedächtnis überdauerte „Anaconda“ allerdings weniger als solider Genrefilm denn als Camp-Kuriosität. Man erinnert sich wahrscheinlich weniger an genuine Momente des Schreckens, eher an den absurden Akzent von Jon Voight, an Jennifer Lopez als „Final Girl“ oder Ice Cube, der eine Riesenschlange „Bitch“ nennt. Anders gesagt: „Anaconda“ ist in der nostalgischen Verklärung deutlich besser aufgehoben als im Kanon. Das beweist auch die Historie des Franchises, das recht schnell und erfolglos im Direct-to-Video-Segment verschwand.
Das nicht ganz dreißig Jahre später nachgeschobene gleichnamige Reboot bestätigt all das – gewollt und ungewollt. Gewollt, indem der neue „Anaconda“-Film gar nicht erst versucht, ernsthaft ans Original anzudocken, sondern es bestenfalls als popkulturellen Running Gag der späten 1990er-Jahre an Bord holt. Ungewollt, weil die in Richtung Komödie und Meta-Diskurs erweiterte Neuauflage so leblos wirkt, dass der von Luis Llosa inszenierte Film retrospektiv wie eine singuläre Vision des Genrekinos erscheint.
Low-Budget-Sequel am Amazonas
So sehen es auch Doug (Jack Black) und Griff (Paul Rudd). Das Duo aus Buffalo träumt seit früher Jugend von Hollywood, ist der Traumfabrik aber nie wieder so nah gekommen wie in den Monster-Kurzfilmen ihrer Jugend. Doug pitcht seine Filmideen heute nur noch sichtlich irritierten Pärchen, die eigentlich nur einen schlichten Hochzeitsfilm mit einer Zeitlupe des gemeinsamen „Hand-in-Hand-Sprungs“ buchen wollen. Griff hat es zumindest nach Los Angeles geschafft, setzt aber selbst die Statistenjobs in den Sand, die seine ganze Karriere ausmachen.
Am Ende ist Griff aber längst noch nicht. Zum runden Geburtstag seines besten Freunds bringt er nicht nur eine Kopie ihres angeblich verschollenen Jugendfilmprojekts mit, sondern auch die Neuigkeit, dass er die Rechte an „Anaconda“ erworben habe. Die Jugendfreunde Kenny (Steve Zahn) und Claire (Thandiwe Newton), die damals ebenfalls mitmachten und jetzt auch in der Midlife-Crisis stecken, sind sofort bereit, sich an der wahnwitzigen Idee eines Low-Budget-Sequels zu beteiligen. Dougs anfänglicher Widerstand ist schnell gebrochen, und so findet sich das Quartett bald unter überraschend guten Bedingungen auf dem Amazonas wieder. Mit Santiago (Selton Mello) seht ein verschrobener, aber kompetenter Schlangentrainer mitsamt großer Anaconda bereit, und das Boot von Ana (Daniela Melchior) macht den Amazonas-Filmtrip erstaunlich komfortabel.
Eine Meta-Tierhorror-Farce
Den Twist, von dem die Semi-Amateurfilmer noch nichts ahnen, hat der Film allerdings schon im Prolog angekündigt: Ana, die Tochter des Bootseigners, wird von bewaffneten Unbekannten quer durch den Urwald gejagt, und der eigentliche Jäger, eine mittelmäßig naturalistisch animierte, aber maximal überdimensionale CGI-Anaconda, verschlingt absolut alles, was in den Gewässern der Region aufkreuzt.
Das Riesenmonster ist dabei gewissermaßen das größte Problem des Films, denn die lauwarme Meta-Tierhorror-Farce muss sich zumindest performativ an tatsächlichen Genre-Sequenzen versuchen. Die fallen so flach aus wie das diegetische Filmmaterial, das die Protagonist:innen im Regenwald auch dann noch aufnehmen, als die Produktionsbedingungen zunehmend schlechter werden. „Anaconda“ will sich einerseits gar nicht erst am Horror versuchen, weiß mit dem Genre aber auch nicht genug anzufangen, um es parodieren zu können. Selbst die zentrale Szene, für die Jack Black ein Eichhörnchen in den Mund gestopft und ein Wildschwein mit Klebeband auf den Rücken geschnallt wird, kann die in dieser Absurdität verborgene Energie nicht auf die Leinwand übertragen.
„Anaconda“ von Tom Gormican ufällt in den Spalt, den die Filmgenres lassen, weiß aber weder die Stärken der Komödie noch des Horrorfilms auszuspielen, geschweige denn beide zu kombinieren, sodass als letzter Notnagel nur der ironische Rückbezug auf den Kultfilm der späten 1990er-Jahre übrigbleibt. Als tatsächliche Reinkarnation des Vorgängers für das große Finale ins Niemandsland aus Parodie und Reboot hineinrutscht, ändert das wenig – ernstnehmen wollte die Killerschlangen-Jagd ohnehin keiner.
