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Monkey Man

113 min | Action, Thriller | FSK 18
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Nach einem Massaker in seinem Heimatdorf versucht ein junger Mann in der Stadt Yatana über die Runden zu kommen. Seinen Lebensunterhalt verdient sich Kid durch illegale Kämpfe. Dabei lässt er sich, sein Gesicht hinter einer Gorilla-Maske verborgen, Nacht für Nacht von bekannteren Gegnern in blutigen Kämpfen zusammenschlagen. Doch selbst nach vielen Jahren sinnt der junge Mann noch immer auf Rache an denen, die ihm alles genommen haben, als er noch ein Kind war.

Filmkritik

Die Titeleinblendung ist so rot wie das viele Blut, das in diesem grimmigen Film fließt. Dabei fängt alles mit der zarten Stimme einer Mutter an, die ihrem Sohn die Legende von Hanuman erzählt. Ein hinduistischer Gott, halb Mensch, halb Affe, der Mut und Stärke verkörpert. In Asien inspirierte der Mythos einige Animationsfilme und -serien, der Actionthriller „Monkey Man“ vermittelt die Figur nun auch ansatzweise an ein westliches Publikum, ohne gefällig an Sehgewohnheiten angepasst zu sein. Nach zwei Kurzfilmen legt der Schauspieler Dev Patel sein Langfilmdebüt als Regisseur vor, für das er zusammen mit Paul Angunawela und John Collee das Skript verfasst hat.

Patel tritt als diffuser Wiedergänger Hanumans auf, der im Abspann schlicht „Kid“ heißt. In einer indischen Metropole schlägt er sich als Faustkämpfer mit Affenmaske durch, getrieben von unbändiger Rachsucht. Allmählich blitzen Erinnerungen an ein Massaker auf, das die Hand mit Narben gezeichnet hat und das Herz mit Zorn. Noch bevor das Autoren-Trio die Gründe für die Wut offenbart, verdichten sich Hinweise auf den Zusammenhang. Die Trennlinie verläuft zwischen dem Slum und der Hochhauswelt. Zwei Orte symbolisieren den Kontrast. Zum einen der Fight Club, in dem Kid illegale Kämpfe bestreitet: unterirdisch gelegen, erdig und voller Dreck, der hier als Zeichen für Armut steht. Das Gegenstück ist der King’s Club, ein Restaurant und Bordell, wo Mächtige bei Kaviar und Kokain kungeln.

Die Macht ist ungleich verteilt

Indische Rupien sind das Schmiermittel beider Sphären. Zwischenschnitte auf Obdachlose oder das beiläufig skizzierte Schicksal einer Prostituierten lassen keine Zweifel daran, wie ungleich die Macht verteilt ist. In einer Szene feuert Kid ein ganzes Magazin auf das Wahlplakat des Gurus und Politikers Baba Shakti, der sich als Oberbösewicht herausstellt. Ein Zaun trennt den Underdog vom Plakat; Armut und Reichtum sind nicht dasselbe.

Die erste Filmhälfte etabliert den soziokulturellen Kontext, im Kern ist „Monkey Man“ aber ein hitziger Actionfilm. Die gelben Untertitel für die Passagen auf Indisch, die rauschhaften Choreografien und die comicartige Charakterzeichnung erinnern an Eastern auf Videokassette. Die beiden ausladenden Action-Tableaus des Films sind überaus dynamisches Bewegungskino. Generell arbeitet die Inszenierung viel mit Nahaufnahmen, mit schnellen Schnitten und einem krachenden Tondesign, das die Hauptfigur ebenso wie einige subjektive Unschärfen in ein Delirium versetzt. Die Stilmittel verleihen der brutalen Action eine sehr unmittelbare Wirkung.

Hervorragende Arbeit leistet der Kameramann Sharone Meir, der sich hemdsärmelig ins Geschehen wirft. Die Kamera ist ständig in Bewegung, kippt in die Schräge, schwenkt rasant hin und her und wieder zurück, um alle Faustschläge einzufangen. Mal beißt Kid zu, mal kämpft er dekorativ auf dem Tresen, dazu läuft treibende Musik von Panjabi MC.

„John Wick“ ist die offensichtliche Referenz

Inspiriert sind die Choreografien ganz postmodern aus verschiedenen Richtungen. Neben asiatischen Kampfsport- und Actionfilmen ist die „John Wick“-Filmreihe eine offensichtliche Referenz, zumal sich die Produzentenriege beider Filme überschneidet. So erwähnt denn auch ein Waffenhändler den von Keanu Reeves gespielten Wick. Das Postermotiv mit Patels Silhouette in einem rot ausgeleuchteten Aufzug, das so im Film zu sehen ist, das Setting im Neonlicht des Clubs oder der Endkampf vor einem Gemälde beschwören klare Bezüge. Patel verleibt sich die Zutaten ein und schafft daraus etwas Eigenes.

Die sozialkritisch grundierte Action zündet, der indirekt titelgebende Hanuman hat allerdings nur eine Handvoll Szenen. Die Folklore wirkt so untergejubelt wie Kids zwischenzeitige Zuflucht in einer religiösen Queer-Community, deren Hintergründe das Drehbuch offenlässt. Recherchieren kann man, dass es sich um eine non-binäre Gemeinschaft von Hijra handelt, die seit der britischen Kolonialzeit am Rand der indischen Gesellschaft leben. Genretypisch wirft sich der nach seinem ersten Racheversuch lädierte Kid ins Training, malträtiert einen Reissack im Rhythmus der Trommeln und wird von einem spirituellen Mentor aufgebaut. Aus dem Niemand wird ein Jemand, resümiert eine Dialogzeile die „Origin Story“. Auch wenn die Gruppe der Ausgestoßenen zum Gesellschaftskommentar des Films passt, bremst die sperrige Stippvisite das zuvor nachdrücklich entfesselte Körperkino aus. Ähnlich hemmend sind die länger werdenden Rückblenden in die Kindheit.

Ein Stück weit verzettelt sich Patel. Die obligatorische Ansprache des Antagonisten will am Ende niemand mehr hören. Im Gedächtnis bleibt die viszerale Action – und die Leidenschaft, mit der Dev Patel als Darsteller und Regisseur im Ring steht.

Erschienen auf filmdienst.deMonkey ManVon: Christian Horn (3.4.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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