Szene aus The Kitchen: Queens of Crime
Filmplakat von The Kitchen: Queens of Crime

The Kitchen: Queens of Crime

102 min | Drama, Action, Krimi | FSK 16
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New York City 1978. Die 20 Häuserblocks zwischen 8th Avenue und dem Hudson, genannt Hell's Kitchen -, eine Ansammlung von Pfandhäusern, Pornopalästen und Spelunken im Besitz der irischen Mafia - waren noch nie der einfachste oder sicherste Ort zum Leben. Dann nehmen die Dinge für die Mafioso-Ehefrauen Kathy, Ruby und Claire - gespielt von Melissa McCarthy, Tiffany Haddish und Elisabeth Moss - eine radikale und dramatische Wendung. Nachdem das FBI ihre Ehemänner inhaftiert hat, nehmen die Frauen die Sache selbst in die Hand: Ab sofort führen sie die kriminellen Geschäfte und schalten die Konkurrenz aus ... im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt gehört ihnen das Viertel. (Quelle: Verleih)

Filmkritik

Wer sich im London der Zukunft keine Beerdigung leisten kann, wendet sich an ein Institut namens „Life after Life“. Indem die Verstorbenen dort zu Topfpflanzen transformiert werden, sparen die Angehörigen nicht nur Geld, sondern trösten sich zudem mit der Gewissheit, dass ihre Lieben in anderer Form weiterleben. Der pragmatische Izi (Kane Robinson), ein Mitarbeiter des Unternehmens, weiß jedoch, dass die Gewächse in Wahrheit irgendwann weggeschmissen werden.

Im  Science-Fiction-Drama „The Kitchen“ ist dieser Umgang mit den weniger Privilegierten exemplarisch. Denn auch die noch lebenden Armen sollen am besten ganz aus dem Stadtbild verschwinden. Das aus Kibwe Tavares und dem unter anderem aus Filmen wie „Get Out“ bekannten Schauspieler Daniel Kaluuya bestehende Regie-Duo bedient sich des beliebten Kniffs, eine Dystopie zu entwerfen, in der gegenwärtige Probleme wie soziale Ungleichheit und Gentrifizierung bis ins Extrem zugespitzt wurden.

Der Traum vom Aufstieg

Als letzter Fels in der Brandung eines mitleidslosen, ausschließlich die Reichen bevorzugenden Überwachungsstaats steht der titelgebende Wohnkomplex. Gänge und Appartments dieses Betonmonstrums sind hoffnungslos überfüllt und die Duschzeiten streng limitiert. Zudem wird „The Kitchen“ regelmäßig von schwer bewaffneten Polizisten gestürmt, die so viele der verbleibenden Bewohner verschleppen, wie sie gerade in die Finger bekommen. Lediglich der hausinterne Radio-DJ Lord Kitchener (Ian Wright) sorgt hier mit Alltagspredigten und erlesener Musikauswahl noch für ein wenig Kampfgeist und Lebensfreude.

Auch Izi lebt in diesem, von den meisten nur als „shithole“ bezeichneten Gebäude. Doch anders als jene Bewohner, die aus Solidarität wild auf Töpfe trommeln, um vor der nächsten Razzia zu warnen, lebt er nur für sich. Im luxuriösen Hochhaus „Buena Vida“ wartet bereits eine neue Wohnung auf ihn. Später zeigt sich jedoch, dass er das Glück auch hier nur findet, wenn er die Wirklichkeit ausblendet. Statt einem herkömmlichen Fenster gibt es in der neuen Wohnung nämlich nur Simulationen von kitschigen Stadtansichten mit Feuerwerk.

Zu wenig, um den Figuren Tiefe zu verleihen

Ins Zweifeln kommt der halb gelangweilt, halb gequält wirkende Protagonist durch den Waisen Benji (Jedaiah Bannerman). Izi kannte die Mutter des Jungen, hüllt sich aber über die Details in Schweigen. Damit sich Benji nicht einer im Stile von Robin Hood vorgehenden Motorradgang anschließt, lässt er ihn bei sich einziehen. Die Annäherung zwischen den beiden wie auch Izis Konflikt, sich zwischen einem harten, aber aufrichtigen und einem verlogenen sorglosen Leben zu entscheiden, bleiben jedoch lediglich angerissen. Der englische Rapper Kano, der hier unter seinem bürgerlichen Namen die Hauptrolle verkörpert, und der Newcomer Jedaiah Bannerman schweigen oft nur betreten, während sie vom Drehbuch schlichtweg zu wenig Material bekommen, um ihren Figuren Tiefe zu verleihen.

Auch für die genaueren Umstände der aus altbewährten Science-Fiction-Versatzstücken bestehenden Dystopie interessiert sich der Film kaum. Man erfährt weder, was die Staatsgewalt mit den Armen macht, noch welche Art von Regierung eigentlich die Stadt beherrscht. Die Sozialkritik bleibt ebenso wie die Figuren und Handlungsstränge unterentwickelt. Abgesehen von einigen Polizeidrohnen, den üblichen schwebenden Displays und einem Friseur-Gimmick, bei dem man vorab verschiedene Haarschnitte auswählen kann, fällt die Darstellung der Zukunft weitgehend uninspiriert und vage aus. 

Starke Momente verlieren sich

Es ist bezeichnend, dass sich zwischen den Hauptdarstellern ausgerechnet in einem improvisiert wirkenden Moment eine besondere Chemie entwickelt. Als sie sich kichernd über eine Lampe lustig machen, die eine Hula-Tänzerin darstellt, erscheinen die beiden wohl auch deshalb spontan und authentisch, weil sie sich hier für kurze Zeit von der schematischen Handlung entfernen. Auch sonst deutet sich vereinzelt an, dass „The Kitchen“ vielleicht stärker von einer offeneren Erzählung und stimmungsvolleren Inszenierung profitiert hätte. Das brutalistische Londoner Barbican Center erweist sich etwa als dankbare futuristische Kulisse, die Kamerafahrten durch das wilde Treiben von Spielhallen, Straßenmärkten und illegalen Raves entwickeln eine soghafte Wirkung und der Soundtrack aus Reggae, Grime und Afrobeat verleiht dem Geschehen mitunter eine vibrierende Energie. Doch letztlich wirken auch solche Momente verloren in einem betont formlosen Film, der sich zu sehr nach einem Schnellschuss anfühlt.

Erschienen auf filmdienst.deThe Kitchen: Queens of CrimeVon: Michael Kienzl (15.12.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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