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Filmplakat von Uhrwerk Orange

Uhrwerk Orange

136 min | Science Fiction, Krimi
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In London in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft ist der junge Alex (Malcom McDowell) der Anführer einer Jugendgang. Die Gruppe selbst fällt mit nur durch den Akt an sich motivierten Gewalttaten und Vergewaltigungen Wehrloser auf. Nachdem die Jungs wieder mal einen Einbruch nebst Mord begangen haben, wird Alex von einem rebellierenden Gangmitglied niedergeschlagen und der Polizei überlassen. Der ehemalige Anführer kommt ins Gefängnis. Zwei Jahre später muss er als Versuchsobjekt an einer neuartigen, von der Regierung initiierten Aversionstherapie teilnehmen. Die Therapie dauert 14 Tage lang und konfrontiert Alex immer wieder mit Filmszenen stärkster Brutalität. Anschließend kommt er frei, ist nun allerdings nichts weiter als eine willenlose Hülle.

Vorstellungen

Capitoltheater Bad Tölz
Capitoltheater Bad Tölz
Amortplatz 1
83646 Bad Tölz
Mathäser Filmpalast
Bayerstraße 3-5
80335 München

Filmkritik

Abgesehen von einigen spektakulär unterhaltenden Kinostücken ( "Spartakus", "Lolita", "2001: Odyssee im Weltraum") hat Stanley Kubrick mehrere großartige Filme gemacht, die nicht nur für ihre Zeit wirklich bedeutend gewesen sind, sondern wohl zu den besten amerikanischen Filmen überhaupt gehören - insbesondere die Kassenraubgeschichte "The Killing" ("Die Rechnung ging nicht auf"), den Antikriegs-Film "Wege zum Ruhm" und die beklemmende Satire auf die Angst vor dem weltumspannenden Vernichtungskrieg der Atombombenmächte, "Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu liehen". Inzwischen ist der intellektuelle Moralist Kubrick, gerade 44 Jahre, in Gefahr, einer Zwangsvorstellung des Weltuntergangs auch künstlerisch zu unterliegen. "Uhrwerk Orange", eine neue Beschwörung unausmerzbaren Irrsinns der Renommiersucht und Brutalität, ist eine zwar wie gewohnt intelligent angelegte, doch unausgeglichene, gedanklich und technisch verspielte, ja insgesamt nutzlose Arbeit (was allerdings nicht das Geschäft des Boulevardkinos betreffen wird), da Kubrick sich in einer ausgemalten Fülle von grotesker Brutalität erschöpft, mit vielen meist allzu genüßlichen Anspielungen auf widersprüchliche Gefühlsbewegungen, perversen Strafvollzug, Phallus-Kult in der modernen Kunst, auf fragwürdige Methoden der Schocktherapie, auf Wissenschaftsgläubigkeit und wahnreligiösen Kitsch, scheinbare Entscheidungsfreiheit im privaten und politischen Leben, auf Aggressoren als vorgebliche "Wohltäter" usw. Die Psychiatrie wird bei Kubrick zum Symbol des Übereinkommens zwischen verschiedenartigen Irren, geheimen und ausführenden, verstellten und fast schuldlosen Sinneskranken. - Im Mittelpunkt der Haupthandlung steht ein älterer Schüler, der eine Horde rüdester Strolche anführt, die ihre exzessiven Ausschweifungen mit "Gelegenheitsarbeiten" bestreiten, wie sie ihre Brutalakte zu nennen pflegen. "Alex-Boy" tauscht fast nur mit seinem Bezirksfürsorgebeamten zärtliche Worte, dem "Bruder-Sir", bis er als sadistischer Totschläger in eine Anstalt kommt, in einen "Zoo" von Abartigen und Heuchlern. Dort meldet er sich bei einem Besuch des Innenministers als Versuchskaninchen für eine neue Behandlung, "die sorgt, daß man rauskommt und auch draußen bleibt". Die Gefahren dieser Pferdekur sind ihm egal. Mit Angstserum und mechanischer Augensperrung soll ihm jede Lust an Gewalttaten überdrüssig gemacht werden. Er wird gegen Sex und Gewalt "umprogrammiert" - aber auch seine musikalischen Ambitionen werden Alex-Boy (jetzt "6 Doppel-5 321") zur Qual und Übelkeit; jetzt fürchtet er die schönen Götterfunken "des lieben Van", während er früher klassische Musik als Narkotika nach Gewaltakten nahm: "Es war ein wunderbarer Abend, und was er noch brauchte, um großartig zu enden, war ein wenig von Ludwig Van. Unbeschreiblichkeit der Himmel..." Als "geheilt" entlassen, ist ihm die Welt noch fremder geworden, seine Eltern, seine Kumpanen (die ihn jetzt als Polizisten terrorisieren), seine früheren Opfer - Alex-Boy ist das Opfer unmenschlicher Heilexperimente geworden: er versucht Selbstmord. Die Regierung erkennt nun ihre Schuld (sie ist der "Mörder") und verbündet sich liebevoll mit dem Missetäter, noch auf dem Krankenbett. - Was wie ein gräßliches Ballett, eine böse Vision der heutigen Herrschaft der Strolche begann, vor dem Endsieg der totalen Vergewaltigung in Kubricks persönlichem 1984 (oder 2001 - nun auf der Erde), endet kaum mehr bestürzend oder wenigstens nachdenklich, sondern viel mehr unverbindlich und oberflächlich. Gedankliche Verbindungen zur gegenwärtigen Situation und ihren Folgen verflüchtigen sich während der zunehmend gedehnter werdenden zwei Stunden Attraktionskino. Die Irrealität des Brutalen verliert ihren Bezug. Der "gepflegte", durch ständige Experimentierfehler potenzierte Wahnsinn scheint nur noch auf der Leinwand, der Unterhaltung willen, zu existieren. Die verdichtete, durchstechende Ironie der Weltraumsatire ("2001") geht im technisch nicht weniger monströsen "Uhrwerk" unter. Jene brillante Entlarvung zynischen Gebarens weicht nun erblassenden Karikaturen. Während in Kubricks starken Filmen wechselhaft kommentierende Einstellungen und Szenen eine reflexive Geschichte zum Zerreißen spannen, fällt der zweite Teil dieses Films auch fotografisch und inszenatorisch ab wie eine Operette gegen den furiosen Auftakt einer monumentalen Oper.

Erschienen auf filmdienst.deUhrwerk OrangeVon: L. Sch. (14.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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