Szene aus 2040 - Wir retten die Welt
Filmplakat von 2040 - Wir retten die Welt

2040 - Wir retten die Welt

95 min | Dokumentation
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Szene 1 aus 2040 - Wir retten die Welt
Szene 2 aus 2040 - Wir retten die Welt
Wie könnte unsere Zukunft im Jahr 2040 aussehen? Der preisgekrönte Regisseur Damon Gameau zeigt in seiner neuen Dokumentation, wie wir mit den uns bereits zur Verfügung stehenden Mitteln unser Leben auf dem Planeten nicht nur besser, sondern zugleich auch nachhaltiger gestalten könnten.
  • RegieDamon Gameau
  • ProduktionAustralien
  • Dauer95 Minuten
  • GenreDokumentation

Filmkritik

Ein optimistischer Film über die Folgen des Klimawandels? Was nach Geschmacklosigkeit und Widerspruch in sich klingt, hat der australische Regisseur Damon Gameau in die Tat umgesetzt. Sein Ansatz: Wenn wir dafür sorgen, dass sich gute Ideen und Erfindungen, die es heute bereits gibt, flächendeckend durchsetzen, dann könnten wir im Jahr 2040 nicht nur noch immer auf einem lebenswerten Planeten leben – sondern hätten sogar auch anderweitig unsere Lebensqualität verbessert.

Zum Beispiel durch miteinander verbundene Solarzell-Systeme, die lokale Communities mit Strom versorgen, diese zugleich aber auch unabhängig machen von störanfälligen zentralistischen Strukturen. Gleichzeitig würde der Energiesektor demokratischer und effizienter werden. Dies illustriert der Regisseur anhand eines Projekts in Bangladesch, bei dem einfache Menschen mithilfe des auf ihren Hüttendächern produzierten Stroms nicht nur über eine sichere Stromzufuhr verfügen, sondern auch noch miteinander Energiehandel treiben. Das eigene Stromnetz verschafft ihnen darüber hinaus – etwa in Form einer verlässlichen abendlichen Beleuchtung – auch viel mehr Möglichkeiten in Sachen Bildung, Freizeit, Arbeit und sozialer Austausch.

Überzeugter Aktivist mit klarer Mission

Damon Gameau ist kein mit Distanz auf sein Thema blickender Autor und Regisseur, sondern ein überzeugter Aktivist mit einer klaren Mission. Wie schon in seinem erfolgreichen Dokumentarfilm Voll verzuckert über die Lebensmittelindustrie legt er auch „2040 – Wir retten die Welt!“ sehr subjektiv an: Diesmal ist es kein Selbstversuch, aber die Verantwortung gegenüber seiner kleinen Tochter Velvet, die das Sujet zu seinem ganz persönlichen Anliegen macht. 2040 wird Velvet eine junge Erwachsene sein – und Damon Gameau will herausfinden, wie ihr Leben in gut 20 Jahren aussehen wird, wenn all das, was heute schon (theoretisch) möglich ist, in einer idealen Welt dann auch ganz konkreter, globaler Alltag ist: Also etwa das bereits erwähnte Teilen privat erzeugter Energie. Das Anlegen riesiger mariner, beeindruckend effizienter Permakulturen: So kann Seetang nicht nur Kohlenstoff absorbieren, sondern liefert auch Nahrung und Wohnraum für die geplagte Fischwelt. Die sogenannte „Donut-Ökonomie“ der Ökonomin Kate Raworth, die soziale Ungleichheit und Umweltverschmutzung gleichermaßen ausmerzen würde. Oder ein Verkehrssystem, in dem es die Regel sein wird, ein Auto zu leihen, und die Ausnahme, es zu besitzen. Dazu eine Landwirtschaft, die auf kleine, diverse Strukturen statt auf Massentierhaltung und Monokulturen setzt.

All diese heute bereits existierenden Projekte stellt Gameau vor und spricht dazu mit zahlreichen so interessanten wie eloquenten Experten weltweit – Aktivisten, Landwirten, Wissenschaftlern, dem „Disruption“-Vordenker Tony Seba oder Brian von Herzen, einem Vorreiter mariner Permakultur. Und Gameau spricht mit Kindern, eben der Generation seiner Tochter Velvet, die er überall auf der Welt trifft und die er hier mit ihren Ideen und Gedanken zum Klimawandel zu Wort kommen lässt. Letzteres ist teils berührend und kreativ, klingt aber häufiger auch nach auswendig gelernten Erwachsenensätzen.

Zwischen Jetzt-Zeit und dem Jahr 2040

Eine Art Gerüst für den Film bildet der Erzählstrang um Tochter Velvet mit seiner Gegenüberstellung von Jetzt-Zeit und dem Jahr 2040, in dem die junge Erwachsene Velvet von einer Schauspielerin dargestellt wird: Diese Konstruktion veranschaulicht das Gezeigte zwar durchaus. Allerdings um den fragwürdigen Preis, dass hier ein reales Mädchen instrumentalisiert, nicht nur beim Bäume-Pflanzen oder Quatsch-Machen, sondern auch beim in sich versunkenen Spiel und sogar beim Schlafen gefilmt wird. Das erscheint übergriffig und im Endeffekt auch überflüssig – als bräuchte man unbedingt die Beglaubigung durch das im Bild gezeigte eigene Kind, um die Dringlichkeit des Anliegens zu vermitteln. Recht unlustig sind zudem die witzig gemeinten Szenen, in denen Gameau und seine Frau als gealterte, „peinliche“ Eltern auftreten.

Dabei findet Gameau durchaus viele andere filmische Mittel, sein Thema spielerisch-unterhaltsam an die Zuschauer zu bringen. Er schrumpft seine realen Gesprächspartner auf Miniaturgröße und platziert sie irgendwo im Bild oder erklärt den Klimawandel mit animierten Szenen in seinem eigenen Haus: So setzt im Kamin mit der Industrialisierung und ihren Folgen – illustriert durch vor sich hin schuftende Spielzeugfiguren und -fahrzeuge – der enorme Ausstoß von CO2 ein, während im Tiefkühlfach die Polkappen abschmelzen und die Badewanne wegen der steigenden Meeresspiegel überläuft. Eine gute Strategie, um das komplexe Sujet zu vermitteln.

So bleibt insgesamt ein zwiespältiger Eindruck – schade, dass Gameau nicht auf die auch eitle Zurschaustellung der eigenen Familie verzichten mochte. Abgesehen davon ist ihm nämlich ein durchaus unterhaltsamer, aufrüttelnder und ja, tatsächlich auch Mut machender Film zu dem Thema unserer Zeit gelungen.

Erschienen auf filmdienst.de2040 - Wir retten die WeltVon: Katharina Zeckau (14.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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