Szene aus A Great Place to Call Home
Filmplakat von A Great Place to Call Home

A Great Place to Call Home

87 min | Drama, Komödie, Science Fiction | FSK 6
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Szene 1 aus A Great Place to Call Home
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Szene 8 aus A Great Place to Call Home
In einer Kleinstadt irgendwo in Pennsylvania verbringt Milton (Sir Ben Kingsley) einen unaufgeregten Lebensabend zwischen Gartenarbeit, Gemeindetreffen und Gedächtnistraining. Weil der Witwer immer kauziger wird, werden seine Wortmeldungen bei den Gemeindeversammlungen selten ernst genommen. Seine Kleinstadt benötige zum Beispiel dringend einen passenderen Slogan, meint Milton, denn „A Great Place to Call Home“ ist einfach zu ambivalent... Als eines Nachts ein UFO in Miltons Blumenbeet bruchlandet, will niemand dem alten Mann glauben – nicht der Notruf, nicht der Kassierer im Supermarkt und schon gar nicht der Gemeinderat. Den extraterrestrischen Besucher mit einer Vorliebe für Äpfel bringt Milton trotzdem bei sich unter. Bald entdecken Miltons leicht schrullige Nachbarinnen Sandy (Harriet Harris) und Joyce (Jane Curtin) den ungewöhnlichen Mitbewohner mit den verständnisvollen Augen und schließen ihn direkt ins Herz. Aus Komplizenschaft wird Gemeinschaft – und aus Nachbarn werden Freunde… bis die Regierung doch noch aktiv wird und nach dem Alien zu suchen beginnt.

Filmkritik

Boonton ist ein kleiner Ort in Pennsylvania. Hier lebt Milton Robinson (Ben Kingsley), ein einsamer Witwer, der kaum Kontakt mit anderen hat und darum ein wenig kauzig geworden ist. Bei den Gemeindeversammlungen, die er jede Woche besucht, bringt er stets dieselben Anliegen vor. Zum einen müsse an einer gefährlichen und viel zu großen Kreuzung endlich ein Zebrastreifen aufgemalt werden. Zum anderen sollte sich der Werbeslogan von Boonton ändern, weil „A Great Place to Call Home“ missverständlich sei. Schließlich könnte man ja denken, die Stadt sei lediglich ein guter Ort, um nach zuhause zu telefonieren.

Ein Alien sucht Schutz

So wie Ben Kingsley diesen Milton spielt, mit dem gleichförmigen Sprachduktus, der steifen Mimik und den wenigen Gesten, dazu ein unvorteilhaftes Toupet und eine viel zu große Brille, erscheint er wie ein Nerd, dem seine Lebensuntüchtigkeit nichts ausmacht. Doch als seine Tochter Denise (Zoë Winters) eine Dose Bohnen im Medizinschrank entdeckt, ist klar: Milton leidet auch an Altersdemenz. Dann aber stürzt eines Nachts ein UFO in Miltons Garten ab. Niemand glaubt ihm, weder die Feuerwehr noch der Supermarktkassierer. Zwei ältere Nachbarinnen, Sandy (Harriet Harris) und Joyce (Jane Curtin), die ebenfalls ständig die Sitzung des Gemeinderats besuchen, werden jedoch neugierig und schauen bei dem alten Mann vorbei, just in dem Moment, als ein waschechtes Alien aus dem Wrack steigt und Schutz in Miltons Haus sucht.

Regisseur Marc Turtletaub und der Drehbuchautor Gavin Steckler lassen den Film zunächst als Drama über Isolation im Alter beginnen. Ein greiser Mann blickt enttäuscht auf sein Leben zurück und muss sich Fehler eingestehen, etwa, dass er ein schlechter Vater gewesen ist. Milton hat sich von seinem erwachsenen Sohn entfremdet und seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm. Bedauern über verpasste Chancen ist die Folge. Gleichzeitig muss er die Last des Alters mit körperlichen, aber auch geistigen Einschränkungen akzeptieren, vom Unverständnis der Jüngeren ganz abgesehen.

Eine Verständigung ist kaum möglich

Auch die anderen Figuren, etwa Sandy und Joyce, schlagen sich mit Problemen des Älterwerdens herum, wie kleine Vignetten beweisen. Das sind genug Themen für einen anspruchsvollen Film, zumal Turteltaub und Steckler Einsamkeit und Demenz offen und sensibel ansprechen.

Doch mit der Bruchlandung des UFOs ändert sich der Ton des Films. Aus der realistischen, wenn auch exzentrischen psychologischen Beobachtung eines wunderlichen alten Mannes wird ein Science-Fiction-Film, dem die Parallelen zu „E.T.“ und „Cocoon“ nicht guttun. Das beginnt schon damit, dass Jade Quon den außerirdischen Besucher als graues, stummes Wesen spielt, das nur beobachtet und zuhört. So etwas wie Verständigung will sich dabei kaum einstellen; das Alien, das von den Erdbewohnern „Jules“ getauft wird (so auch der Originaltitel), reagiert nur höchst selten. Von seiner Einsamkeit, verloren im Weltraum, gestrandet auf der Erde, ist darum nichts zu spüren.

Bis es gegen Ende von „A Great Place to Call Home“ zu einer schockierenden Gewalttat kommt, die eigentlich in einen Horrorfilm gehört, hier aber von allen Beteiligten mit unpassender Gelassenheit zur Kenntnis genommen wird. Mit einem Mal gehen Menschlichkeit und Wärme des Films verloren. Als Zuschauer wünscht man sich förmlich, dass die Filmemacher bei ihrem Thema – Isolation im Alter – geblieben wären und es vertieft hätten. Die Science-Fiction-Metapher wirkt falsch und aufgesetzt; die Verquickung der Genres schlägt fehl.

Erschienen auf filmdienst.deA Great Place to Call HomeVon: Michael Ranze (18.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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