Szene aus Ambulance
Filmplakat von Ambulance

Ambulance

136 min | Action, Thriller, Krimi | FSK 16
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Will Sharp sieht sich in einer ausweglosen Lage: Um seiner schwerkranken Frau eine lebensrettende Operation bezahlen zu können, benötigt er finanzielle Unterstützung. In seiner Verzweiflung wendet er sich an seinen Adoptivbruder Danny, der ihn zu einer riskanten Aktion überredet. Gemeinsam beabsichtigen sie einen Bankraub durchzuziehen, an dessen Ende satte 32 Millionen Dollar warten. Der Plan scheint nahezu perfekt zu sein. Allerdings laufen die Dinge kurz vor der finalen Flucht aus dem Ruder. In einem Rettungswagen wollen Will und Danny vor ihren Verfolgern fliehen und ahnen nicht, dass sie einen angeschossenen Cop und Rettungssanitäterin Cam an Bord haben. Die Hetzjagd durch Los Angeles entwickelt sich für alle Beteiligten zum wahren Überlebenskampf, in dem es um Leben und Tod geht - und die Polizei sowie das FBI sind ihnen stets auf den Fersen.
  • RegieMichael Bay
  • ProduktionVereinigte Staaten
  • Dauer136 Minuten
  • GenreActionThrillerKrimi
  • AltersfreigabeFSK 16
  • TMDb Rating6.9/10 (954) Stimmen

Filmkritik

Ferne, sonnendurchflutete Erinnerungen, die wie ein Musikvideo aussehen. In lässiger Zeitlupe genießen ein schwarzer und ein weißer Junge archaische Momente einer glücklichen Kindheit. Als Erwachsene haben sich die beiden Stiefbrüder allerdings für denkbar unterschiedliche Wege entschieden. Während der kriminelle Danny (Jake Gyllenhaal) ein Ding nach dem anderen dreht, widmet sich der Kriegsveteran Will (Yahya Abdul-Mateen II) einem anständigen Familienleben an der Armutsgrenze.

Als Will jedoch dringend Geld für die Operation seiner kranken Frau braucht, sucht er seinen Stiefbruder auf. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Die Kamera zittert nervös, während Dialoge und Schnitte im Stakkato an einem vorbeirattern. Es ist bezeichnend für die konsequente Eskalationsstufe von „Ambulance“, dass es nur ein paar Minuten braucht, bis Will sich mit Danny und ein paar zwielichtigen Typen auf den Weg zu einem 32-Millionen-Dollar-Bankraub macht. Und nur eine ausufernde Actionszene später haben die Brüder auch schon einen Krankenwagen gekapert, in dem sie sich zusammen mit der Rettungssanitäterin Cam (Eiza González) und dem angeschossenen Polizisten Zach (Jackson White) auf eine schweißtreibende Flucht begeben.

Eine ausweglose Situation

Das Fundament der von Michael Bay hochtourig inszenierten Materialschlacht ist das Scheitern ihrer hemdsärmeligen Figuren. Will wird seinen moralischen Ansprüchen aus existenziellen Nöten nicht mehr gerecht und bleibt während der Flucht derjenige, der jederzeit die Seiten wechseln könnte. Weil Cam wegen ihrer früheren Drogensucht keine Ärztin werden konnte, versucht sie nun umso entschiedener, jedes Leben zu retten. Und Zach, der sich noch kurz vor der Mittagspause in die Bank mogelte, um eine Angestellte nach einem Date zu fragen, vereitelt durch seinen misslungenen Flirtversuch nicht nur den Überfall, sondern landet bewusstlos-blutend auf einer Trage.

Der auf dem gleichnamigen dänischen Film aus dem Jahr 2005 basierende, überwiegend aus einer einzigen langen Verfolgungsjagd bestehende „Ambulance“ lebt von der Ausweglosigkeit seiner Situation. Die Stimmung im Krankenwagen ist hochexplosiv: Während die Brüder sich nur aus dem Staub machen wollen und Cam versucht, das Leben des Polizisten zu retten, folgt ihnen eine Armada aus Polizeiautos und Helikoptern. Bei dieser unsinnigen Flucht schimmern aber auch immer wieder Freiheitsversprechen durch: ein paar Takte von Bobby Womacks Song „California Dreamin’“, eine flatternde US-Flagge und immer wieder Sonnenstrahlen, die in die Kameralinse fallen.

Laut, spektakulär und extrovertiert

So konzentriert die Geschichte eigentlich ist, so zerstreut und aufgemotzt setzt die Inszenierung sie um. „Ambulance“ ist laut, extrovertiert, atemlos und spektakulär. Drohnenkameras stürzen spiralenförmig von Hochhäusern in die Tiefe, rasen durch Parkgaragen und Straßenschluchten, donnern millimetergenau unter fahrenden Autos hindurch und schnurstracks ins Flammenmeer einer Explosion. Lorne Balfe hat dazu einen Score komponiert, der einem Presslufthammer gleicht. Mit wummernden Bässen, nervösen Rhythmen und infernalischem Dröhnen folgt der Sound derselben Maxime wie den beiden Stiefbrüdern: Wer bremst, verliert.

„Ambulance“ strebt dabei unbeirrbar in die Breite. Nicht nur das Stadtgebiet von Los Angeles wird immer wieder von der Kamera durchforstet; auch zahlreiche Nebenfiguren, etwa eine markige Spezialeinheit der Polizei oder eine finster dreinschauende Latino-Gang, öffnen die Erzählung nach außen. Selbst die Szenen im Krankenwagen reizen ihre Dynamik voll aus. Die Herausforderungen reichen dabei von Spannungen innerhalb der Gruppe bis zu einer lebensnotwendigen Operation, die von zwei Ärzten per Zoom orchestriert wird.

Gefilmt werden die angespannten Protagonisten meist in Untersicht und aus nächster Nähe. Als Zuschauer ist man immer mitten im Geschehen, gewinnt aber nur selten einen Überblick. Die Besonderheit des verschwenderischen Hochdruckkinos von Michael Bay besteht auch darin, aus dem Chaos maximale Intensität zu schöpfen.

On the Run

So wird etwa schnell klar, dass bei der permanenten Vorwärtsbewegung des Films keine Zeit für psychologische Zwickmühlen bleibt, als ein FBI-Agent (Keir O'Donnell), ein früherer Kumpel von Danny, versucht, den wahnwitzigen Gangster zur Vernunft zu bringen. „Ambulance“ schüttelt sein Publikum auf handwerklich hohem Niveau durch und lässt ihm abgesehen von einem verbindenden Lächeln nach einem halsbrecherischen Manöver oder ein paar gegrölten Zeilen aus der Christopher-Cross-Schnulze „Sailing“ keinerlei Verschnaufpause.

Erschienen auf filmdienst.deAmbulanceVon: Michael Kienzl (12.1.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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