Szene aus Auf Tour - Z’Fuaß
Filmplakat von Auf Tour - Z’Fuaß

Auf Tour - Z’Fuaß

90 min | Dokumentarfilm
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Szene 1 aus Auf Tour - Z’Fuaß
Szene 2 aus Auf Tour - Z’Fuaß
Szene 3 aus Auf Tour - Z’Fuaß
Zwei Musiker und ihre abenteuerlich-verrückte Konzert-Tour, zu Fuß von Andelsbuch, dem Geburtsort des einen im Bregenzer Wald, nach Maria Rain, dem Geburtsort des anderen im Oberallgäu, durch die Landschaften der Vorarlberger und Allgäuer Alpen im Corona-Sommer 2020.
  • RegieWalter Steffen
  • ProduktionDeutschland
  • Dauer90 Minuten
  • GenreDokumentarfilm

Filmkritik

Dieser Film ist eine Ode an die Musik. Aber auch an die Natur, die Freundschaft, den Moment. Und natürlich an Bayern beziehungsweise die Alpenregion, wie fast immer bei Walter Steffen. Der Filmemacher hat schon zahlreiche Dokumentarfilme der Erkundung der süddeutschen Seele gewidmet, etwa den Musikfilm „Bavaria Vista Club“, die Isar-Doku „Fahr ma obi am Wasser“ oder „Alpgeister“ über Legenden und Mythen der Bergwelt. Steffen treibt dabei kein dumpfer Lokalpatriotismus an, sondern ein ehrliches Interesse an dem landschaftlich und kulturell so reichen Landstrich, in dem er selbst lebt.

In seinem jüngsten Film, gedreht im Sommer 2020, begleitet er die beiden Multi-Instrumentalisten Johannes Bär und Matthias Schriefl auf einer musikalischen Wandertour von Andelsbuch im Bregenzer Wald nach Maria Rain im Oberallgäu, von Bärs österreichischer Heimat in die von Schriefl in Bayern. Das Schöne an „Auf Tour z’Fuaß“ aber ist, dass Landesgrenzen und alles andere, was trennt, keine Rolle spielen. Die Unterschiede, etwa im Dialekt oder im Landschaftsbild der durchwanderten Vorarlberger, Tiroler und Allgäuer Alpen, sind fließend. Stattdessen werden die Gemeinsamkeiten beschworen.

Bewohner eines weltumspannenden Reiches

Es mag pathetisch klingen, passt aber zum schwärmerischen Ton, mit dem hier dem gemeinsamen Musizieren gehuldigt wird: Im Grunde bewohnen Bär und Schriefl das Land der Musik, das weltumspannend ist. Die beiden Musiker verbinden die unterschiedlichsten Stilrichtungen, Klassik, Weltmusik, Schlager oder Pop, besonders gerne aber Jazz-Klänge mit traditioneller Volksmusik; Louis Armstrong ist das größte aller Vorbilder für die beiden Alpenburschen.

Dazu experimentieren die rund 40-jährigen Männern gerne und ausdauernd und entlocken so ziemlich allem Töne, egal, ob das nun das Alphorn, Flügelhorn, Akkordeon, die Bass- oder Tenortuba ist, ob sie jodeln oder singen oder in das Wasser eines Kleinstadtbrunnens hinein trompeten. Denn schließlich sei ja das ganze Leben Musik: das gelte für den Herzschlag des Menschen ebenso wie für einen singenden, improvisierenden, seine eigene Musik komponierenden Vogel.

Bei den Vögeln im Wald, „da han i Jazz g‘lernt“, sagt Matthias Bär im Allgäuer Dialekt (für die bundesweite Auswertung wird der Film partiell untertitelt). Vergleiche und Bilder für die Musik mit ihrer verbindenden Energie werden hier reichlich bemüht: Musik sei wie Nahrung, gemeinsames Musizieren eine „organische Unterhaltung“, und jedes Instrument habe natürlich eine Seele. Einmal fällt sogar die Aussage, dass Musik „so was wie ’ne Religion“ sei – wofür der die Kraft der Klänge feiernde Film den Beweis antritt.

Nicht immer eingängig, aber virtuos musiziert

Regisseur Walter Steffen und sein Kameramann Michael Baumberger fangen die Atmosphäre dieses Pilgerwegs der besonderen Art, bei dem bei jedem Zwischenstopp auf einer Alm oder öfters auch spontan am Wegesrand Konzerte zum Besten gegeben werden, mit schönen Bildern stimmig ein. Die beiden Musizierenden treffen dabei im Corona-Sommer 2020 auf ein kulturell ausgehungertes Publikum, was bestens zusammenpasst. Die jazzigen Volksmusik-Töne der beiden Wandermusiker sind zwar nicht unbedingt eingängig, aber auf jeden Fall virtuos gespielt.

„Auf Tour z’Fuaß“ räumt der äußerst vielfältigen Musik erfreulicherweise viel Platz ein. Etwas länglich ist der Film gelegentlich aus anderen Gründen. Mitunter gerät der Film allzu „nischig“ und speziell, etwa wenn in schwer verständlichem Dialekt über die Herstellung und den Charakter von Alphörnern gefachsimpelt wird oder die beiden Virtuosen allzu ausführlich ihrem albernen Humor frönen. Das filmische Konzept, auf eine Einordnung in Form eines Off-Kommentars zu verzichten, stößt dann manchmal an Grenzen; weniger wäre hier manchmal mehr gewesen.

Den Tönen des Lebens lauschen

Sehr gelungen sind die vom Cartoonisten Rudi Hurzlmeier angefertigten „Wanderkarten“, die eine Orientierung zum jeweils aktuellen Streckenabschnitt geben. Im Zeitraffer kann man der Hand des Künstlers beim Erstellen von wunderhübsch verspielten filigranen Zeichnungen zusehen, was jedes Mal ein Vergnügen ist!

Insgesamt ist „Auf Tour z’Fuaß ein so sympathisches, musikalisch wie filmisch gleichermaßen gelungenes Unterfangen, nach dem man ganz anders und neu auf die einen beständig umgebenden Töne des Lebens lauscht.

Erschienen auf filmdienst.deAuf Tour - Z’FuaßVon: Katharina Zeckau (16.5.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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