Szene aus Das Licht, aus dem die Träume sind
Filmplakat von Das Licht, aus dem die Träume sind

Das Licht, aus dem die Träume sind

110 min | Drama | FSK 12
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Der große Saal, die rauschenden Farben, das Rattern des Filmprojektors – die erste Kinoerfahrung ist eine ganz besondere. Auch die Welt von Samay, der mit seiner Familie in einem kleinen Dorf in Indien lebt, wird auf den Kopf gestellt, als er von seinem Vater zum ersten Mal in das örtliche Kino mitgenommen wird. Danach ist er sich sicher: Er möchte Filme machen! Ein glücklicher Zufall lässt ihn auf den Filmvorführer Fazal treffen, der von den Kochkünsten von Samays Mutter begeistert ist und ihn im Austausch gegen den Inhalt seiner Lunchbox kostenlos Filme schauen lässt. Kurzerhand beginnt Samay die Schule zu schwänzen und seine Zeit lieber im Projektionsraum des Kinos zu verbringen. Hier taucht er Tag für Tag in fantastische Welten ein. Doch die Idylle droht ein jähes Ende zu finden: Die Ära des Zelluloids neigt sich ihrem Ende zu und dem örtlichen Kino droht die Schließung. Samays Vater ist außerdem nicht begeistert von den Plänen seines Sohnes, Licht einzufangen und Bilder in Bewegung zu setzen. Um seinen Traum zu verwirklichen, muss Samay die Rettung des Kinos selbst in die Hand nehmen – denn seine Geschichte besteht darauf, erzählt zu werden. In warmen, nostalgischen Bildern lässt DAS LICHT, AUS DEM DIE TRÄUME SIND die ersten Berührungspunkte mit der großen Liebe zum Kino auferstehen. Regisseur Pan Nalin ist ein zärtlicher und bewegender Liebesbrief an die Kraft des Kinos und des Geschichtenerzählens auf der großen Leinwand gelungen. Ein kraftvoller und entzückender Film, der in eine wunderbare Welt aus Licht und Zelluloid entführt und beweist, dass der Traum des Kinos nie zu groß geträumt werden kann.
  • RegiePan Nalin
  • ProduktionFrankreich, Indien, Vereinigte Staaten
  • Dauer110 Minuten
  • GenreDrama
  • AltersfreigabeFSK 12
  • Empfehlung der Jugendfilmjury
    12 - 99
  • IMDb Rating8.1/10 (0) Stimmen

Filmkritik

Der neunjährige Samay lebt mit seiner verarmten Familie in dem Dorf Chalala im indischen Bundesstaat Gujarat. In seiner Freizeit hilft er seinem Vater Bapuji, der auf einem Provinzbahnhof Tee an Reisende verkauft. Bapuji ist ein Brahmane und gehört damit der höchsten indischen Kaste an. Durch einen Betrug seiner Brüder verlor er jedoch seine Viehherde. In seinen Augen ist das Kino etwas Anstößiges. Dennoch fährt er mit seiner Frau Baa, seiner kleinen Tochter und Samay in die Stadt, um einen religiösen Film anzusehen. Der Junge ist von seinem ersten Kinobesuch so fasziniert, dass er fortan jede Gelegenheit nutzt, um mit dem Zug ins abgetakelte Kino Galaxy zu gelangen. Dort freundet er sich mit dem Filmvorführer Fazal an, der die Kochkünste von Samays Mutter schätzt und ihn deshalb vom Vorführraum aus Filme schauen lässt, solange er den Inhalt der Lunchbox des Jungen genießen darf.

Samay schwänzt oft die Schule, um im Kino in die fantastischen Filmwelten einzutauchen. Seine unschuldige Begeisterung für die Gestaltungsmöglichkeiten des Lichts und die Erzeugung von Bewegtbildern überträgt er auf eine Handvoll gleichaltriger Freunde, die gemeinsam aus Schrottmaterialien eine Laterna magica und dann eine primitive Projektionsapparatur basteln, um Bilder in Bewegung zu versetzen. Als die Jungs herausfinden, wo die Metallkisten mit den Filmrollen für die Kinos der Gegend zwischengelagert werden, stehlen sie einige Rollen, um ihren Behelfsprojektor auszuprobieren. Doch dann durchkreuzt der Einzug der digitalen Technik Samays Pläne, der lernen will, wie man mit bewegten Bildern Geschichten erzählen kann. Denn auch im Galaxy-Kino verdrängt ein steriles digitales Gerät den alten Projektor, der ebenso entsorgt wird wie die ausgedienten Filmrollen. Auch Fazal verliert seinen Job, weil er kein Englisch sprechen kann.

Eine Hommage an berühmte Vorbilder

Der Spielfilm von Pan Nalin, der allein schon wegen der tiefen Freundschaft zwischen einem Knaben und einem Filmvorführer unübersehbar auf den Spuren des italienischen Filmklassikers „Cinema Paradiso“ (1988) wandelt, ist autobiografisch inspiriert. Wie sein filmisches Alter Ego wuchs Nalin in einem abgelegenen Dorf im Bundesstaat Gujarat auf und half bis zu seinem zwölften Lebensjahr seinem Vater als Teeverkäufer auf einem Bahnhof. Auch betätigte er sich lieber kreativ, als in die Schule zu gehen, und verließ die Familie in jungen Jahren, um sich dem Kino zu widmen. Nalin gelang 2001 mit seinem ersten langen Spielfilm „Samsara – Geist und Leidenschaft“ der Durchbruch.

Gleich zu Beginn von „Das Licht, aus dem die Träume sind“ legt der Filmemacher ein cineastisches Bekenntnis ab, indem er einigen Kinopionieren für die „Illumination des Wegs“ dankt: den Brüdern Lumière, Eadweard Muybridge, David Lean, Stanley Kubrick und Andrej Tarkowski. Das Finale verneigt sich vor indischen Filmstars und weiteren Regie-Größen von Hitchcock bis Fellini. In der bedächtigen Inszenierung tauchen überdies immer wieder Anspielungen und Reverenzen an Kinogrößen auf, etwa wenn am Anfang wie in „Ankunft eines Zuges in La Ciotat“ (1896) ein Zug auf die Kamera zufährt oder Kubricks experimentelle Farbkompositionen aus „2001 – Odyssee im Weltraum“ (1968) sich auf Samays Gesicht spiegeln. Oder wenn Samay und zwei Begleiter auf einer Draisine zum Kino eilen – eine Hommage an Nalins Lieblingsfilm „Stalker“ (1979) von Andrej Tarkowski.

Aus der Perspektive des jungen Filmliebhabers

Der Film ist konsequent aus der Kinderperspektive erzählt und ruht weitgehend auf den schmalen Schultern des neunjährigen Hauptdarstellers Bhavin Rabari, der ebenfalls aus Gujarat stammt und sich im Casting gegen 3000 Bewerber durchsetzte. Mit seinem natürlichen Spiel und einer erstaunlichen Kamerapräsenz kann er verständlich machen, wie man verrückt nach Kino werden kann und wie diese Leidenschaft ein Leben für immer verändert. In einer Schlüsselszene gesteht Samay seinem Vater: „Ich möchte das Licht studieren. Denn aus Licht werden Geschichten und aus Geschichten werden Filme.“ Kameramann Swapnil Sonawane gelingt es auf vielfältige Weise, Samays Liebe zum natürlichen und künstlichen Licht und dessen kreative Bearbeitung in poetischen Szenen zu veranschaulichen, etwa wenn Samay und seine Bande sich Sonnenbrillen aus bunten Filmschnipseln basteln und damit durchs Dorf radeln. Wenn die Kamera bei den häufigen Bahnfahrten in elegischer Manier über die sonnenüberfluteten Landschaften Gujarats hinwegschweift, ist David Leans visuelle Ausdruckskraft nicht fern.

Trotz des Trends zum Lyrischen meidet Nalin jedoch allzu nostalgische oder sentimentale Töne, wenn es ums zentrale Spannungsverhältnis zwischen Fantasie und Realismus geht. Samays naive Filmemacher-Träume werden überdies in den sozialen Kontext einer mittellosen Brahmanen-Familie eingebettet, die sich für ihren Sohn nicht einmal eine höhere Schulbildung leisten kann. Dass sich der Film im Mittelteil einige Längen erlaubt, verzeiht man dieser liebevollen filmischen Heldenreise gerne.

Erschienen auf filmdienst.deDas Licht, aus dem die Träume sindVon: Reinhard Kleber (21.1.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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