Szene aus Der Mann, der nie im All war
Filmplakat von Der Mann, der nie im All war

Der Mann, der nie im All war

95 min | Dokumentarfilm | FSK 0
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Szene 1 aus Der Mann, der nie im All war
Szene 2 aus Der Mann, der nie im All war
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Szene 5 aus Der Mann, der nie im All war
Ein Dokumentarfilm porträtiert Tasillo Römisch, einen Raumfahrtexperten aus Mittweida, Sachsen. In seinem Hauskeller hat er die weltweit größte private Weltraumausstellung mit über 100.000 Exponaten kuratiert. Neben seinen selbstgebauten Modellen sowjetischer und US-amerikanischer Raketen beherbergt die Ausstellung auch zahlreiche persönliche Erinnerungsstücke, die ihm von Kosmonauten und Astronauten überlassen wurden. Der pensionierte Römisch plant nun, seine beeindruckende Sammlung zu verkaufen, doch bisher findet er keine Interessenten.

Filmkritik

Fast sein ganzes Leben hat Tasillo Römisch davon geträumt, einmal ins All zu fliegen. Doch dann entschied er sich für die falsche Ausbildung und fand später heraus, dass man in der Raumfahrt keine Ökonomen braucht. So sagt er das heute mit einem Schmunzeln, bei dem durchaus ein wehmütiges Bedauern mitschwingt. Doch seinen Enthusiasmus hat die falsche Berufswahl nie bremsen können.

Seit Jahrzenten hat der aus der sächsischen Stadt Mittweida stammende Mann in seiner Werkstatt hunderte Raketen als Modelle nachgebaut und sie akribisch mit den entsprechenden Lackierungen und Kennzeichnungen versehen. Zunächst die sowjetischen, später auch die aus den USA. Neben seiner Bastelleidenschaft hat er unzählige Dinge rund um die Raumfahrt gesammelt, die er wie Reliquien im Keller seines Hauses aufbewahrt. Fotos, Bücher, Raumanzüge, aber auch echte Kostbarkeiten wie einen signierten Handschuh von Juri Gagarin, dem ersten Mann im All.

Die weltgrößte private Sammlung zur Raumfahrt

Über 100 000 Exponate sind so im Laufe der Jahre zusammengekommen, die ihm sogar einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde eingebracht haben, für die weltgrößte private Sammlung zur Raumfahrt. Und da Römisch für seine Leidenschaft kein Weg zu weit war, hat er auch rund hundert Kosmonauten und Astronauten persönlich getroffen. Doch als Rentner, der auf die 70 zugeht, sorgt er sich nun um die Zukunft seines Raumfahrtmuseums. Da seine Kinder kein Interesse an der Materie haben, sucht er nach möglichen Abnehmern. Verschenken möchte er seinen Schatz allerdings nur ungern.

Der Dokumentarfilm von Tom Lemke begleitet den Raumfahrt-Enthusiasten über mehrere Jahre in seinem Alltag in Mittweida, wo er kleine Besuchergruppen durch sein Museum führt oder mit Gleichgesinnten fachsimpelt. Dass Tassi, wie ihn seine Freunde nennen, schon früh über die DDR hinaus ein bekannter Mann war, macht ein Filmausschnitt deutlich, in dem ihn ein Reporter des Bayerischen Rundfunks kurz nach der Wende besucht. Hin und wieder begleitet der Dokumentarfilm den Protagonisten auch auf Reisen. Etwa zum Start einer russischen Sojus-Rakete, als Römisch nicht nur auf den ersten DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn trifft, sondern auch einen guten Aussichtsplatz auf dem Dach eines Busses ergattert.

Vieles bleibt im Dunkeln

Dass dieses Ereignis 2018 stattfand, erfährt man allerdings nur durch den Aufdruck auf der Rakete, als diese aus dem Hangar gerollt wird. Auf welchem Weltraumbahnhof das Spektakel über die Bühne ging, bleibt gänzlich unklar. Der Film geht mit solchen Informationen seltsam sparsam um. Obwohl gelegentlich ein paar Inserts aufscheinen, bleiben Ort und Zeit des Geschehens vielfach im Dunklen. Gleiches gilt für Namen und Funktionen mancher Gesprächspartner, mit denen Römisch sich trifft. Auch über das, was den Protagonisten jenseits seiner Begeisterung für die Raumfahrt so umtreibt, erfährt man kaum etwas. Eher am Rande bekommt man mit, dass er früher wohl ein strammer SED-Genosse war, der Angst vor der Wende hatte. Ein paar Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend werden von einer weiblichen Stimme im Off vorgetragen. Tasillo Römisch ist offenbar keine Plaudertasche. Bei seinen frustrierenden Versuchen, einen Nachfolger oder Abnehmer für sein einzigartiges Museum zu finden, sieht man ihm aber deutlich an, wie sehr ihm das zu Herzen geht. Er verspüre so etwas wie Prüfungsangst, sagt er vor einem Termin im Museum in Peenemünde, wo er dem skeptisch dreinblickenden Leiter den Wert seiner Sammlung erläutern will.

Filmisch arbeitet das Porträt des außergewöhnlichen, bisweilen auch etwas kauzigen Typen mit langen, ruhigen Einstellungen und festen Kamerapositionen. Dazu werden immer wieder Bilder des beschaulichen Alltags in Mittweida, unterlegt mit dezenten Gitarrenklängen, eingeflochten. Ein unspektakulärer, aber durchaus sehenswerter Dokumentarfilm.

Erschienen auf filmdienst.deDer Mann, der nie im All warVon: Reinhard Lüke (29.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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