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Filmplakat von Gladiator

Gladiator

145 min | Drama, Action | FSK 16
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Als der Kaiser Marcus Aurelius im sterben liegt, bittet er Maximus, der ein gefeierter Feldherr ist, seine Nachfolge anzutreten. Doch Marcus Aurelius Sohn möchte die Nachfolge seines Vaters selber antreten und ordnet die Execution Maximus an. Diesem gelingt die Flucht mit dem Hintergedanken an Rache. (VA)

Filmkritik

Wenn sich der Vorhang für Ridley Scotts jüngstem Film hebt, liegen Vorfreude und Vorsicht noch im Widerstreit, denn so gern man sich an die Brillanz seiner Filme „Die Duellisten“ (fd 20 737) und „Blade Runner“ (fd 23 689) erinnert, so schwer fällt es, die Enttäuschung über „White Squall“ (fd 31 899) und „Die Akte Jane“ (fd 33 005) zu vergessen. Glücklicherweise erweist sich dann aber jede Skepsis als unbegründet: Scott hat endlich wieder zu alter Form zurückgefunden. Dabei wird „Gladiator“ gewiss nicht überall auf Beifall stoßen, stemmt sich Scott doch bewusst gegen derzeit dominante Trends im aktuellen Filmbetrieb. Jenseits von postmoderner Coolness und ironischer Distanz setzt er allein auf die Effektivität einer mit Ernst und Entschlossenheit erzählten Geschichte, die aufgrund ihres Heldenkults die Testosteron-Toleranz mancher Zuschauer überfordern mag, aber in ihrer emotionalen Direktheit die geballte Kraft des Kinos mobilisiert.

Nachdem General Maximus die Truppen des römischen Reichs zum entscheidenden Sieg über den letzten aufrührerischen germanischen Volksstamm geführt hat, treibt ihn allein ein Wunsch an: zu seiner Familie zurückzukehren. Doch Kaiser Marcus Aurelius will ihn nicht entlassen, sondern sogar zu seinem Thronfolger berufen, da er an der moralischen Integrität seines eigenen Sohns Commodus zweifelt. Als dieser von den Plänen des Vaters erfährt, tötet er den alten Mann in einem Anfall von Enttäuschung und reißt die Herrschaft über das Imperium an sich. Um seine Position unwiderruflich zu sichern, gibt Commodus die Ermordung von Maximus in Auftrag. Der kann zwar mit knapper Not entkommen und in seine Heimat flüchten, findet dort aber die Ruinen seines Anwesens und die Leichen seiner Frau und seines Sohns vor. Grenzenlose Trauer raubt ihm jeden Lebenswillen, sodass er in die Gewalt von Sklavenhändlern gerät, die ihn an eine Gladiatorenschule verkaufen. Nachdem er zahlreiche Kämpfe in der Provinz überstanden hat, tritt er schließlich im Kolosseum in Rom an, wo er aufgrund seiner überlegenen Kriegskunst innerhalb kurzer Zeit zum umjubelten Volkshelden aufsteigt und zwangsläufig die Aufmerksamkeit des Kaisers erregt.

Gleich in der ersten Einstellung zeigt Ridley Scott die Vision irdischen Glücks, die den Protagonisten antreibt. Denn das Bild seiner Hand, die sanft an den Ähren eines sonnendurchfluteten Getreidefelds entlang streift, steht für seine Heimat, in der seine Frau und sein Sohn auf ihn warten. Doch als die Idylle abrupt einer von kaltem Graublau dominierten Aufnahme weicht, die Maximus inmitten einer vom Krieg zerstörten Landschaft zeigt, ahnt man, dass die Realität im Widerspruch zu seiner persönlichen Utopie steht und ihm das Wiedersehen mit seiner Familie im Diesseits verwehrt bleiben wird. Aber selbst nachdem die Ahnung schreckliche Wirklichkeit geworden ist, lässt ihn die Vision der Heimat nicht los, sondern kehrt farblich verfremdet wieder - als Inbegriff seiner Todessehnsucht. Sein Dasein kennt nun keine Hoffnung mehr, außer der, im Jenseits mit seiner Familie vereint zu sein. Allein weil ihn der Instinkt des Kriegers dazu treibt, demonstriert er in der Arena stets bedingungslosen Siegeswillen. Doch die adrenalinintensiven Gladiatorenkämpfe wären leeres Spektakel, wenn Maximus nicht seine Apathie und seinen Zynismus überwinden würde, um eine letzte Schlacht zu schlagen: für die römische Republik, gegen Commodus und die Cäsaren-Aristokratie. Scott erzählt eine Tragödie von epischem Ausmaß, deren Protagonisten von Emotionen in existenzieller Reinheit angetrieben werden. Dennoch hat er nicht den Fehler begangen, sie zu lebensfernen Idealtypen zu überhöhen. Vielmehr gelingt ihm der delikate Balanceakt zwischen Psychologie und Pathos, der es dem Betrachter erlaubt, die Figuren als Menschen ernst zu nehmen, auch wenn sie innerhalb eines überlebensgroßen Kontexts agieren. Selbst Commodus wird nicht zur Inkarnation des Bösen überzeichnet, sondern als Mann porträtiert, der nie Liebe erfuhr. Aufgrund seines hysterischen Selbstmitleids erregt er zwar keine Sympathie, doch die sorgfältige Anlage seines Charakters trägt dazu bei, die Distanz des Zuschauers zum historischen Spektakel zu minimieren. Scotts visuelle Gestaltung forciert diesen Effekt. Auch wenn er mit gewaltigen Landschaftspanoramen regelmäßig die monumentale Dimension der Geschichte betont, bewirkt seine präzis-pointierte Bildsprache, dass sich das erhabene Epos zum individuellen Drama verdichtet und man den Mann aus dem antiken Rom als eine tragische Heldenfigur akzeptiert.

Erschienen auf filmdienst.deGladiatorVon: René Classen (26.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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