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Filmkritik
Der Film bringt zwei Filmemacher zusammen, die so verschieden sind, daß man sich kaum vorstellen kann, wie sie ein gemeinsames Projekt erarbeiten könnten: den Autor Bruce Joel Rubin und den Regisseur Adrian Lyne. Rubin kommt aus derselben Schule wie Scorsese und De Palma, hatte nur nie Erfolg mit seinen um Tod und Jenseitsphantasien kreisenden Büchern. "Jacob`s Ladder" kursierte jahrelang in Hollywood und galt schon als "eines der zehn besten unproduzierten Drehbücher", als Rubin mit "Ghost" der ganz große Durchbruch gelang. Adrian Lyne ist alles andere als ein Grübler. Der Macher von "Flashdance", "Fatal Attraction" und "9 1/2 Wochen" ist eher als ein Regisseur perfektionierter Effekte zu beschreiben. "Jacob`s Ladder" aber ist eine düstere, mit biblischen Motiven drapierte Gegenwartsgeschichte, die trotz ihrer phantastischen Dimensionen einen sehr realen Hintergrund besitzt.
Die beiden ungleichen Filmemacher kommen zu einem Film zusammen, der den Zuschauer wie ein Albtraum bei hellem Tageslicht überfällt, in dem der Schrecken des Todes jeden Augenblick gegenwärtig ist und der Tod doch seinen Schrecken verliert. "Jacob`s Ladder" ist in seiner Zwittergestalt von politischem Film und erschreckendem Horrorstück einer der seltsamsten Filme der letzten Jahre: ein bißchen Oliver Stone, ein bißchen George Romero und ein bißchen Ingmar Bergman. Schon in "Ghost" gibt es an zentraler Stelle eine unheimlich-faszinierende U-Bahn-Szene. "Jacob`s Ladder" beginnt nach einem die Schrecken des Vietnamkriegs repetierenden Prolog ebenfalls mit einer U-Bahn-Szene, deren Parallelität zu "Ghost" sich aber erst vom Schluß des Films her erschließt. Jacob, den man gerade noch zu Tode erschrocken in dem Kämpfen um das Mekong-Delta gesehen hat, vermag nur um ein Haar der klaustrophobischen Angst im Tunnel der New Yorker Subway zu entkommen. Er verdient sein Geld, wie man bald erfährt, als Post-Angestellter, lebt mit seiner zweiten Frau in einem bescheidenen Apartment, nachdem die erste Ehe nach dem Unfalltod eines seiner Kinder vor Jahren gescheitert ist. Vom Krieg hat er ein Rückenleiden zurückbehalten, das ihm sein Chiropraktiker in regelmäßigen Sitzungen richten muß. Das ist aber auch schon alles, was man über Jacobs reale Existenz erfährt. Der Rest ist Albtraum. Ein Hexenkessel unvorhersehbarer halluzinatorischer Erscheinungen, die Jacob langsam, aber sicher immer weiter an den Rand des Wahnsinns treiben. Bis ihm eines Tages ein anderer Vietnam-Veteran anvertraut, daß es ihm genauso geht. Der überlebt das Eingeständnis nicht lange, doch Jacob ist motiviert genug, der Sache nachzugehen und sich sogar einen Anwalt gegen die Regierung zu nehmen. Der Schluß ist ebenso seltsam wie der ganze Film. Die aufkommende politische Brisanz des Stoffes wird in der Auflösung der Story erstickt, nur um in einem Schrifttitel noch einmal abgewandelt wiederholt zu werden. Ambrose Bierces berühmte Novelle "Die Brücke über den Eulenfluß" hat für die Konzeption der Geschichte unübersehbar Pate gestanden, nur daß hier zu viel an erst jüngst vergangener Realität im Spiel ist, als daß man den literarischen Einfall vollauf goutieren könnte.
Es ist kaum möglich, die Vietnam-Implikationen des Stoffes beiseite zu lassen. Sie machen immerhin den Hintergrund der ganzen Story aus und sie sind auch das Bindeglied zu dem hohen Maß an Aufmerksamkeit, das "Jacob`s Ladder" beim amerikanischen Publikum erfährt. Wenn Adrian Lyne sagt, der Zuschauer bekomme hier zwei Filme zum Preis von einem zu sehen, so ist das nur oberflächlich richtig. In der Tat gibt es den Horrorfilm "Jacob`s Ladder" und den politisch engagierten Film "Jacob`s Ladder". Doch da der Schluß mit seinem "Überraschungseffekt" die verschachtelte Konstruktion wie ein Pappgebäude zusammenfallen läßt, steht der Zuschauer allenfalls verwirrt vor der Frage, was er denn da eigentlich gesehen hat: eine, zwei oder gar keine Geschichte. Bleibt die Machart. Adrian Lyne ist ein zu raffinierter Regisseur, um auch nur eine einzige Gelegenheit auszulassen, alle Register seines Repertoires zu ziehen und sein Publikum schließlich hinter jeder Person, hinter jedem Ortswechsel und hinter jedem Gegenstand einen neuen Albtraum vermuten zu lassen. Der sich dann auch mit Sicherheit einstellt. Lyne beherrscht die Kunst, unheimliche Gefühle aus der unalltäglichen Fotografie alltäglicher Situationen hervorzubringen, mit beneidenswerter Perfektion. Er verzichtet auf fast alle Bestandteile der modischen expliziten Horrorfilme. Eine kurz aus dem Schatten tretende Figur, die Phantasie mobilisierende Zeichen und Andeutungen, an den Höhepunkten rasend schneller Schnitt oder bedrohlich wirkende Kamerafahrten reichen ihm zumeist; darin den alten Meistern des Horrorfilms verwandter als den neuzeitlichen Inszenatoren chirurgischen Terrors. Krassere Mittel spart er sich für ein paar wenige Szenen auf. Doch obgleich man die Geschicktheit der Evozierung schauriger Empfindungen bewundern muß, werden in dem makabren Sog der Inszenierung alle unterschwelligen Töne des Drehbuchs erstickt. Nicht, als ob man den Eindruck hätte, hier sei eine besonders tiefsinnige Geschichte leichtfertig unterdrückt worden, doch wird an den immer noch wie beiläufiges Rankenwert vorhandenen biblischen und spirituellen Bezügen erkennbar, daß Ruben mit der Story eigentlich mehr im Sinn hatte, als Lyne auf der Leinwand wahrzunehmen gestattet.
