Szene aus Le Mali 70
Filmplakat von Le Mali 70

Le Mali 70

92 min | Dokumentarfilm
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Szene 1 aus Le Mali 70
Eine Berliner Bigband begibt sich auf einen Roadtrip, um gemeinsam mit legendären Musikern aus Mali die berüchtigte Brass-Section der siebziger Jahre zu erkunden.
  • RegieMarkus CM Schmidt
  • ProduktionDeutschland
  • Dauer92 Minuten
  • GenreDokumentarfilm

Filmkritik

Wer sich an das Album „Talking Timbuktu“ erinnert, das Ali Farka Touré und Ry Cooder 1994 veröffentlichten oder an das legendäre „Le Festival au Desert“, das zwischen 2001 und 2012 den unterschiedlichsten Musikern aus Mali eine Plattform bot und mit Robert Plant oder Bono prominente westliche Musiker als Fans präsentierte, ahnt wahrscheinlich, dass es vorrangig die Musik aus Mali war, die den westafrikanischen Staat ins westliche Bewusstsein gerückt hat.

Ein Musik-Road-Movie durch Mali

Ohne die Musiker Ali Farka Touré, Tinariwen, Toumani Diabaté, Habib Koité, Oumou Sangare, Rokia Traore, Salif Keita oder Cheik Tidiane Seck oder Musiken wie Griots oder Wüsten-Blues wäre die Konzertlandschaft des globalen Pop deutlich ärmer. Doch darum geht es in „Le Mali 70“ von Markus CM Schmidt allerdings höchstens vermittelt oder über Bande. Denn der Dokumentarfilm ist eher ein Musik-Road-Movie, das von der Reise der Berliner Brass Band „Omniversal Earkestra“ nach Mali erzählt, wo die Musiker auf einige der Musiker:innen treffen, die für den Bigband-Afrojazz stehen, der in Mali vor dem Militärputsch von 1968 populär war.

„Le Mali 70“ dokumentiert eine musikethnologische Expedition ohne wissenschaftlichen Anspruch. Die Berliner Fans des Afro-Jazz, die ihre musikalischen Fühler auch nach Nigeria (Fela Kuti) oder dem Saturn (Sun Ra) ausstrecken, sind als antiquarische Plattensammler auf die Brass-Arrangements der malinesischen Musik der frühen 1960er-Jahre aufmerksam geworden.

Als Kinobesucher ist man deshalb gut beraten, sich vorab zumindest ansatzweise über die Geschichte und Topografie des Landes zwischen Bamako und Timbuktu zu informieren, über den sozialistischen Aufbruch mit Ausrichtung nach Kuba, die diversen Militärputsche, Tuareg-Rebellion und dem aktuellen Islamismus.

Von Fans über Fans für Fans

So wie um 1970 die Zeit des populären Big-Band-Afro-Jazz vorbei war und die Instrumente eingelagert wurden, so schickten 2012 islamistische Aktivitäten das „Festival au Desert“ ins Exil. Auch in der Gegenwart, so lernen die Musiker des „Omniversal Earkestra“, ist in manchen Teilen des Landes nicht an Konzerte zu denken.

Dennoch gibt es spontane Sessions mit den Veteranen. Darüber könnten sich schnell auch Konflikte zwischen den Fraktionen entspinnen, die um Begriffe wie historische Spielweisen, museale Reinheitsgebote und kulturelle Appropriation kreisten, wenn der Film sich nicht als Fan, sondern als Vermittler verstehen und diesen Debatten Raum geben würde. So aber ist „Le Mali 70“ ein Film von Fans über Fans für Fans oder solche, die es nach dem Film eventuell werden wollen. Das hat bei Buena Vista Social Club und beim Ethio Jazz ja auch schon funktioniert.

Erschienen auf filmdienst.deLe Mali 70Von: Ulrich Kriest (19.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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