Szene aus Le Prince
Filmplakat von Le Prince

Le Prince

125 min | Drama | FSK 6
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Szene 1 aus Le Prince
Perhaps they should never have met, but fate wanted otherwise. Monika and Joseph. She is a curator, he is an immigrant from Congo, a businessman with an unclear past and present. They meet during a police raid at a bar, when the first of many sparks flies between them. An understated love story, a melodrama without pathos, a fragile story about the ambiguous nature of love and the impossibility of overcoming it through reason.
  • RegieLisa Bierwirth
  • Dauer125 Minuten
  • GenreDrama
  • AltersfreigabeFSK 6

Filmkritik

Monika, Mitte 40, arbeitet als Kuratorin an der Kunsthalle in Frankfurt. Sie liebt ihren Job. Kenntnisreich und engagiert bereitet sie vielbeachtete Ausstellungen vor. Doch sie ist auch keine ganz einfache Frau; zu dickköpfig und eloquent setzt sie ihre Konzepte durch. Den Smalltalk mit Geldgebern oder einflussreichen Persönlichkeiten beherrscht sie nur wenig. An diesem Morgen erfährt sie auch, dass Peter, der Leiter der Kunsthalle, gekündigt hat. Eigentlich haben sie sich gut verstanden; Peter hat ihr stets den Rücken freigehalten. Sein Weggang bedeutet, dass auch sie sich einen neuen Job suchen muss.

Als sie am Abend in einer Bar im Frankfurter Bahnhofsviertel Zigaretten kaufen will, gerät sie in eine Polizeirazzia und lernt dabei den kongolesischen Geschäftsmann Joseph kennen. Man trinkt einen gemeinsamen Kaffee und tauscht Telefonnummern. Einige Tage treffen sie sich im „Café Denis“, wo sich die Afrikaner in Frankfurt treffen. Joseph handelt mit Diamanten. In Franfurt sucht er nach Geldgebern, um eine Mine im Kongo aufzubauen. Aber sind die Diamanten, die er mit sich führt, überhaupt echt?

Keine Angst vor ihrem Selbstbewusstsein

Monika verliebt sich trotzdem in den geheimnisvoll-charmanten Mann, nicht zuletzt, weil er vor ihr und ihrem Selbstbewusstsein keine Angst hat. Doch Joseph verschwindet immer wieder ohne eine Nachricht, manchmal tagelang; einmal landet er sogar im Gefängnis. Monika soll die Kaution bezahlen, so fordert es ein zwielichtiger Freund von Joseph. Vielleicht wäre es besser, wenn Monika und Joseph heiraten würden.

Die Regisseurin Lisa Bierwirth hat sich für ihren ersten abendfüllenden Film von der Geschichte ihrer Mutter inspirieren lassen. Man kann sich also darauf verlassen, dass es hier authentisch zugeht. Es ist die Geschichte einer zwar nicht unmöglichen, aber doch schwierigen Liebe. Eine weiße Frau und ein schwarzer Mann haben den Mut, in Deutschland, wo seit der „Black Lives Matter“-Bewegung immer intensiver über Rassismus diskutiert wird, eine Beziehung einzugehen und sich gegen gesellschaftliche Konventionen zu wehren. Das ist schwer genug. Doch Monika und Joseph unterscheiden sich nicht nur durch die Hautfarbe, sondern auch durch ihr Naturell und ihren kulturellen Hintergrund.

Bierwirth nimmt sich zunächst sehr viel Zeit, die Geschichte mit alltäglichen Erfahrungen anzureichern. Man sieht Monika, wie sie eine neue Ausstellung konzipiert und ihre Helfer dirigiert, wie sie um ihre berufliche Zukunft fürchtet und sich bewirbt, wie sie sich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereitet und es später durchsteht. Was Joseph macht, ist nicht immer so ganz klar. Irgendwann ist von den Diamanten keine Rede mehr; er hält sich mit undurchschaubaren Geschäften über Wasser. Manchmal verschwindet er für längere Zeit aus dem Film. Das macht es auch für den Zuschauer schwer, sich seiner Figur zu nähern.

Postkoloniale Konflikte im Privaten

Bierwirth schildert ihre Protagonisten differenziert, mit all ihren Widersprüchen. Dabei geht es auch um Vorurteile; die Inszenierung weist immer wieder auf das Unverständnis hin, das dem Paar begegnet. Bei einem Essen mit Freunden erzählt Monika stolz, dass Joseph Diamantenhändler sei. Prompt fällt das Schlagwort „Blutdiamanten“, und der Abend ist gelaufen. Die Herablassung, mit der Joseph oft behandelt wird, hat der Film fest im Fokus, aber auch die Verwunderung, mit der Bekannte auf Monika blicken. Unterschwellig geht es bei dieser gemischtrassigen Beziehung auch um postkoloniale Konflikte; die Machtverhältnisse zwischen Europa und Afrika scheinen sich im Privaten fortzusetzen. Doch „Le Prince“ deutet das nur an. Einmal behauptet Joseph, die Harley Davidson des kongolesischen Diktators Mobuto geklaut zu haben. Aber das ist nur eine scherzhafte Randnotiz.

„Le Prince“ lebt vor allem von seinen Darstellern. Die österreichische Schauspielerin Ursula Strauss überzeugt als spröde Intellektuelle, die nicht versteht, wie sie in dieses Abenteuer geraten konnte; der französische Rapper Passi Belangeist perfekt als charmanter Überlebenskünstler, dem vielleicht nicht zu trauen ist. Als dritter Protagonist kann Frankfurt am Main gelten, das sich irgendwo zwischen Weltmetropole und Schattenwirtschaft präsentiert, mit einem pulsierenden afrikanischen Nachtleben, dass die meisten Frankfurter noch nie zur Kenntnis genommen haben.

Erschienen auf filmdienst.deLe PrinceVon: Michael Ranze (10.7.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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