Szene aus Oskar Fischinger - Musik für die Augen
Filmplakat von Oskar Fischinger - Musik für die Augen

Oskar Fischinger - Musik für die Augen

90 min | Dokumentarfilm | FSK 6
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Der Gelnhäuser Oskar Fischinger war ein Wegbereiter unserer Zukunft und ein innovativer Gestalter von Bewegtbildern - ein "Motion-Design-Pionier". Die Zuschauer*innen blicken dem 1967 in den USA verstorbenen Filmemacher über die Schulter. Durch persönliche Berichte seiner Frau und Kollegin Elfriede Fischinger, die leider inzwischen ebenfalls verstorben ist, bekommt man das Gefühl ihn zu Lebzeiten persönlich gekannt zu haben. Fast 27 Jahre nach seinem Tod berichtet seine Frau über das Leben mit und die Arbeit an Fischingers Seite. Die Zuschauer*innen begeben sich mit ihr auf eine Reise - von den Anfängen in den 1920er Jahren im hessischen Gelnhausen über Frankfurt, München und Berlin bis nach Hollywood in den USA, wohin das Ehepaar 1936 auf der Flucht vor den Nazis emigrierte. Damit wirft der Film, ohne historisieren zu wollen, auch einen gesellschaftspolitischen Blick auf die westliche Gesellschaft des 20. Jahrhunderts.
  • RegieOskar Fischinger
  • ProduktionDeutschland, Vereinigte Staaten
  • Dauer90 Minuten
  • GenreDokumentarfilm
  • AltersfreigabeFSK 6

Filmkritik

Elfriede Fischinger sitzt in einer geometrisch gemusterten Bluse in Blau-, Rot- und Lilatönen vor den abstrakten Malereien ihres Mannes und erzählt im hessischen Dialekt: Von den ersten Versuchen Oskar Fischingers, Bewegungsweisen grafisch auszudrücken, von ihrer Ausbildung in der Offenbacher Kunstgewerbeschule und dem Zusammenkommen als Paar (Oskar war ihr Cousin) über die gemeinsame Arbeit an den seriellen „Studien“ und den schwierigen Zeiten im Exil bis hin zu den letzten gemeinsam verbrachten, von Krankheit geprägten Jahren. Gelegentlich holt sie eine Schachtel hervor, um Originalzeichnungen oder Schablonen zu zeigen oder führt den Interviewer in das vollgestellte Studio ihres 1967 verstorbenen Mannes.

Ein dreißig Jahre altes Interview

„Jetzt ist alles Computer und die denken, das ist das Beste“, so Elfriede Fischinger am Anfang des Gesprächs. Dabei stand das digitale Zeitalter, wie man an den matschig aussehenden Videobildern sehen kann, noch in den Anfangsjahren. Das Interviewmaterial mit der Witwe und engen Mitarbeiterin des deutsch-amerikanischen Filmkünstlers ist bereits dreißig Jahre alt. Harald Pulch, der das Gespräch 1993 in ihrem Haus in Long Beach im Rahmen seiner Forschungsarbeit zur Werbefilm-Avantgarde führte, hat es jedoch erst jetzt zu einem Dokumentarfilm weiterverarbeitet. „Oskar Fischinger – Musik für die Augen“ lässt zumindest ansatzweise begreifen, wie viel analoge Gestaltungsarbeit, Erfindungsreichtum und Ingenieurskenntnisse in den Werken stecken.

Oskar Fischinger, 1900 in Gelnhausen bei Frankfurt/Main geboren und ausgebildet als Ingenieur, gilt als ein Vorreiter des Motion Designs und der Verwendung von Animationstechniken wie Stop Motion in der Werbung – durch seine Verbindung von Tönen und Bildern in bewegter Form wird er neben seinen Kollegen Walter Ruttmann, Hans Richter und anderen gelegentlich auch als „Erfinder des Musikvideos“ bezeichnet. Sein Oeuvre zählt über fünfzig kurze abstrakte Filmkunstwerke, die mit unterschiedlichen Techniken und teils eigens entwickelten Gerätschaften entstanden, darunter etwa eine Animations-Apparatur, die ähnlich einer Brotschneidemaschine von einem Wachsblock dünne Scheiben abschnitt und dabei mit Einzelbildschaltung aufnahm. Oder auch ein Lumigraf, eine Art Lightshow für den Hausgebrauch.

Der Marsch der Zigaretten

Neben eigenen Filmen arbeitete Fischinger auch an Spezialeffekten für Werbung und Kino, so etwa für Fritz Langs Ufa-Produktion „Frau im Mond“. Nach seiner Emigration aus Nazi-Deutschland war er in Hollywood zeitweise auch bei Paramount und – eine eher deprimierende Erfahrung – bei Walt Disneys Animationsstudio für den Film „Fantasia“ beschäftigt. Trotz seiner zahlreichen Auftragsarbeiten für Kino und Werbung – legendär ist vor allem der für die Zigarettenmarke „Muratti“ entstandene Werbespot mit zu Ballettmusik marschierenden Zigaretten –, standen seine freien Arbeiten als Filmkünstler und Maler stets im Vordergrund. Zu seinen wichtigsten Produktionen zählen „Studie No. 8“ (1932), ein auf Grundlage von Kohlezeichnungen erstellter Film, in dem weiche weiße Formen auf schwarzem Grund tanzen, sowie das für MGM produzierte Werk „An Optical Poem“ (1938).

Der Zugang zu dem Archiv von Oskar Fischinger und das Insiderwissen von Elfriede Fischinger gewähren Einblick in die (auch technischen) Hintergründe der Werke. So wirkt „Oskar Fischinger – Musik für die Augen“ zeitweise fast wie ein „Making of“. Doch trotz der kenntnisreichen Erläuterungen wirkt der Film streckenweise ein wenig dünn und kontextfrei. Die Einflüsse durch die konstruktivistischen Tendenzen von Bauhaus und Fischingers Interesse für Mystizismus werden ebenso wenig erwähnt wie sein wichtiger Beitrag zur Entwicklung der Op Art.

Das Glück der Quadrate & Kreise

Dafür lädt der Film zu einem recht umfassenden und kompakten Parcours durch das Werk des Filmkünstlers ein. Auch rund 90 Jahre und etliche technologische Quantensprünge später schaut man dem Tanz der Quadrate, Dreiecke, Kreise und Linien noch immer beglückt zu.

Erschienen auf filmdienst.deOskar Fischinger - Musik für die AugenVon: Esther Buss (27.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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