Szene aus Pitbull
Filmplakat von Pitbull

Pitbull

100 min | Drama, Action, Krimi
Szene 1 aus Pitbull
Szene 2 aus Pitbull
In Osteuropa liefern sich kriminelle Banden massive Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch die Familien der Kriminellen werden in die Ereignisse hineingezogen.

Filmkritik

Der Pole Patryk Vega dürfte mit 29 Regie-Arbeiten einer der produktivsten europäischen Genre-Regisseure sein. Fast alle seine Filme drehen sich um organisierte Kriminalität, Prostitution und Menschenhandel – und Ermittler, die sich zu deren Bekämpfung genauso hinterhältiger Methoden bedienen wie ihre kriminellen Gegenüber. Dass es dabei äußerst brutal vorgeht, versteht sich von selbst: Tote, Folter und Vergewaltigungen säumen Vegas Filmografie, schnelle Autos und genauso schnelle Schnitte sorgen dafür, dass seine Filme nur mit einer gehörigen Dosis Adrenalin zu verstehen sind. Dass er neben all der Gewaltpornografie etwas zu sagen hat, hat Vega aber nicht zuletzt Anfang des Jahres bewiesen, als er über Facebook unter dem Titel „Eyes of the Devil“ einen Dokumentarfilm über Kinderbordelle und Organhandel herausgebracht hat.

Immer wieder gerät die organisierte Kriminalität ins Fadenkreuz von Vegas Spielfilmkamera. Einem großen Publikum bekannt wurde er 2005 mit „Pitbull“, auf den eine gleichnamige TV-Serie und einige Sequels folgten. Von Anfang an dabei ist Andrzej Grabowski in der Rolle des grantelnden, abgekochten Bullen, der seine Feinde aus der Mafia mit der gleichen Brutalität zu Fall bringt, die diese gegen ihre Opfer anwenden.

Pitbull gegen Nase

Im neuesten „Pitbull“-Film „Exodus“ kriegt er es mit „Nase“ zu tun, einem Schwerverbrecher, der es bereits auf 47 Bombenanschläge und 109 Entführungen gebracht hat. Der beginnt nun eine Zusammenarbeit mit „Pershing“ alias Andrzej Kolikowski, einer realen Figur, die in den 1990er-Jahren mit einer an die hundert Mann starken Truppe die organisierte Kriminalität in Polen dominiert hat.

So baut Vega geschickt reale Mafia-Mythen in seine Plots ein: mit Pershing beschäftigt sich Kommissar Gebels bereits seit dem ersten „Pitbull“-Film. Diesmal gerät eine Gruppe junger Gelegenheitskrimineller, darunter Gebels’ Sohn, unter Druck. Die Informatik-Studenten beschließen auf Grund ihrer desolaten finanziellen Situation, Alarmanlagen außer Kraft zu setzen und Superreiche zu bestehlen. Leider brechen sie dabei auch in Nases Haus ein und stehlen ihm seine Lieblingsjacke, worauf Nase sauer wird und einen weiteren Teufelskreis der Gewalt in Gang setzt. Zur Rettung bedient sich Kommissar Gebels eines biblischen Mythos: frei nach dem Zweiten Buch Mose führt er die Jugendlichen aus der Sklaverei der Gewaltzyklen, indem er ihren Widersachern mit Hilfe modernster Technik, Intrigen und manipulativer Energie zahlreiche Plagen auf den Hals hetzt, zuletzt die russische Drogenmafia.

Ein schnell erzähltes, fieses Spiel

Eine komplexe, verkitschte Story, deren innere Dramaturgie fast vollständig hinter dem irrwitzigen dramaturgischen Erzähltempo und actionreichen Brutalo-Einlagen verschwindet. Einmal mehr erweist sich Vega als Schnellerzähler, bei dem hartgesottene Männer mit versteinerten Gesichtern die Fäden in der Hand halten, um ein extrem fieses und blutiges Spiel mit ihren Mitstreitern und Opfern treiben. Bis sich nach einer Stunde und 52 Minuten Filmlänge vollste Erschöpfung im Kinosessel breitmacht. Erlösung.

Erschienen auf filmdienst.dePitbullVon: Bernd Buder (19.11.2021)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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