Reset
- RegieThierry Donard
- Dauer85 Minuten
- GenreDokumentarfilm
Filmkritik
Eine so steile, vereiste Felsrinne würde man nicht einmal mit Steigeisen hinabsteigen wollen. Für Krister Kopala und Nikolai Schirmer aber ist die Strecke in den norwegischen Bergen eine Traumroute, die sie auf Snowboard und Skiern bewältigen, um am Ende in Jubelgeschrei auszubrechen. Die beiden Extremsportler sind rund um den Globus ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Genau wie Jamie Lee und Malachi Templeton, die sich mit Gleitschirmen vom Mont Blanc oder anderen Gipfeln ins Tal stürzen.
Technisch brillant und hautnah
Der französische Filmemacher Thierry Donard hat schon in früheren Produktionen wie „La Nuit de la Glisse: Don’t crack under pressure“ Menschen bei ihren halsbrecherischen Abenteuern mit der Kamera begleitet. Zu den erwähnten Sportlern kommen noch eine Gruppe von Surf-Virtuosen sowie ein Taucher, der ohne Sauerstoffflasche im Südpazifik zwischen den Inseln Moorea und Tahiti unterwegs ist. Wie der Mann mit speziellen Schwimmflossen, die ihn wie ein fremdartiges Unterwasserwesen aussehen lassen, im unwirklich blauen Meer mit Walen taucht, ist eine der eindrucksvollsten Sequenzen von „Reset“. Auch sonst reiht sich hier eine spektakuläre Einstellung an die andere. Vielfach mit Helmkameras der Akteure oder mit Drohnen gefilmt, sind die Bilder technisch brillant und so unmittelbar, als wäre man hautnah dabei, wenn sich die tollkühnen Protagonisten in ihre Abenteuer stürzen.
Die Montage setzt häufig auf den harten Kontrast zwischen eisigen Bergwelten und entspannter Südsee-Atmosphäre. Stehen die Skifahrer an einer verschneiten Rampe, ist man noch vor dem Start plötzlich im sattgrünen Neuseeland. Das sorgt für ein wenig Abwechslung in den parallel montierten Sequenzen der einzelnen Akteure. Doch auch wenn die spektakulären Aufnahmen fraglos eine Kinoleinwand zu füllen vermögen, bewahrt das den Film nicht vor Redundanzen. Ob die Gleitschirm-Akrobaten in den französischen Alpen oder in einem norwegischen Fjord unmittelbar am Fels entlang sausen, macht für die Schauwerte letztlich kaum einen Unterschied.
Aus ökologischer Sicht eine Katastrophe
Zwischendurch sprechen die Protagonisten über ihre Motivation, wobei sie viel von Freundschaft, Freiheit und Adrenalin reden, aber nur selten von Ängsten. Dafür beschwören sie immer wieder die Schönheit der Natur. Bisweilen kommen auch ökologische Aspekte zur Sprache. So entschuldigt sich der Taucher bei der Erde für alles, was die Menschen ihr angetan haben. Insgesamt aber erscheint die Natur hier doch als ein gigantischer Abenteuer-Spielplatz für Extremsportler. „Berge sind dazu da, bestiegen zu werden“, fasst es ein Kletterer in Worte. Dabei wäre es aus ökologischer Sicht eine Katastrophe, wenn alle sich diese Überzeugung zu eigen machen würden.
Auch andere Statements wie „Jeder kann es schaffen. Man muss es nur wollen“ fallen nicht unbedingt tiefschürfend aus. Über solche Plattitüden hinaus erfährt man wenig über die Protagonisten. Sind sie Profis? Wie finanzieren sie ihre Touren in aller Welt? Was machen sie, wenn sie nicht unterwegs sind? Über solche Fragen hüllt sich der Film in Schweigen. In erster Linie geht es um vielfach von hymnischen Klängen unterlegte Sequenzen mit halsbrecherischen Action-Einlagen.
Die Fülle vergleichbarer Produktionen in den vergangenen Jahren hat allerdings dazu geführt, dass man all diese einzigartigen Bilder wie etwa von Surfern im Wellentunnel so oder ähnlich schon mehrfach gesehen hat. Mancher kann sich daran nicht sattsehen; für alle anderen, die sich von einem Dokumentarfilm eine differenzierte oder zumindest originelle Sicht der Dinge erwarten, dürfte dieses Spektakel auf Dauer eher ermüdend sein.