Szene aus Résistance #3
Filmplakat von Résistance #3

Résistance #3

122 min | Drama, Komödie, Biographie | FSK 12
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Marcel Marceau kommt 1923 in Frankreich als Sohn jüdischer Eltern zur Welt. Als Nazideutschland seiner Heimat den Krieg erklärt, flieht er mit seiner Familie, doch sein Vater wird nach Auschwitz deportiert, worauf der junge Mann sich mehr oder weniger allein durchschlagen muss. Marcel schließt sich zusammen mit seinem Bruder Alain dem Widerstand an und nutzt sein Talent als Pantomime bald, um versteckte jüdische Waisenkinder zu beruhigen und abzulenken, bevor sie außer Landes geschafft werden können. In den dunklen Stunden des Zweiten Weltkriegs versucht er den Mädchen und Jungen das Lachen zurückzugeben.

Filmkritik

Marcel (Jesse Eisenberg) hasst es, wenn Menschen ihn „Clown“ nennen. Er selbst versteht sich als Schauspieler, der mit Pantomime sein Geld in einem Straßburger Varieté verdient. Doch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nimmt diese Arbeit niemand ernst. Seinem resignierten Vater, dem Metzger Charles (Karl Markovics), versichert der junge Mann, dass seine Darbietungen einem inneren Drang folgen, der so unausweichlich sie wie das Bedürfnis, aufs Klo zu gehen. Noch weniger Verständnis zeigt Marcels politisch engagierter Bruder Alain (Félix Moati). Für ihn ist einer, der Grimassen schneidet, während sich Hitlers Truppen der französischen Grenze nähern, schlichtweg ein Egoist.

Eine kranke Welt heilen

Regisseur Jonathan Jakubowicz lässt in dem Drama über die Kriegsjahre des jüdischen Pantomimen Marcel Marceau wiederum keinen Zweifel daran, dass sein Held sich nicht einfach nur selbst verwirklichen, sondern vielmehr eine kranke Welt heilen will. Der Filmtitel „Resistance – Widerstand“ verdeutlicht das, wenn sich Marcel um traumatisierte jüdische Waisenkinder kümmern soll, die nur knapp den Nazis entkommen sind. Wie bei einem Zaubertrick fährt er sich mit der Hand übers traurige Gesicht und zieht dabei seine Mundwinkel zu einem Lächeln hoch. Die Kinder sind von seinen Slapstick-Nummern sofort verzückt. Später wird er ihnen in Gestalt einer Hitler-Parodie auch beibringen, wie man sich am besten vor den Faschisten versteckt. Die gesellschaftliche Bedeutung, die Kunst in Krisenzeiten haben kann, präsentiert der Film zugespitzt und zuckersüß.

Jakubowicz geht es jedoch weniger um die Pantomime als um den Widerstand gegen das faschistische Regime. Nachdem er das ewige Versteckspiel und die Demütigungen der Vichy-Polizei satthat, schließt sich Marcel gemeinsam mit seinem Bruder der Résistance an. Seine künstlerische Ader dient dem späteren Weltstar jetzt nur noch dazu, Ausweise zu fälschen.

In dem Maße, wie der Kampf lebensbedrohlicher gerät, schwächt auch der Film seinen sentimentalen Erzählton ab, wird düsterer und actionbetonter. Im besetzten Lyon geht Marcel in den Untergrund und plant mit seinen Verbündeten, eine Gruppe jüdischer Kinder in die Schweiz zu schmuggeln. Auch wenn dieser spektakuläre Teil noch der Wirklichkeit entspricht, hält es der Film mit den Fakten sonst nicht so genau. „Resistance“ verschreibt sich vielmehr ganz einem Kino, das von Spannung, großen Gefühlen und extremen Gegensätzen geprägt ist.

Mit Zwang erreicht man nur das Gegenteil

Besonders stark zeichnet sich dieser Hang zur Verdichtung am Einsatz des für seine Grausamkeiten berüchtigten NS-Kriegsverbrechers Klaus Barbie ab. Matthias Schweighöfer verkörpert den „Schlächter von Lyon“ als ebenso kultivierten wie eiskalten Sadisten, der noch schnell eine romantische Melodie auf dem Klavier spielt, bevor er eine Gruppe von Aufständischen hinrichtet. Obwohl sich Barbie und Marceau im wahren Leben nie begegnet sind, kreuzen sich ihre Wege im Film gleich mehrmals.

Als Barbie die als Gesangsgruppe getarnten Kinder bei ihrer Ausreise kontrolliert, will der gerade Vater gewordene Gestapo-Chef vom falschen Chorleiter Marcel wissen, wie man sein Kind am besten für Kultur begeistern könne. Die Antwort, dass man mit jeder Form von Zwang nur das Gegenteil erreiche, verdutzt den brachialen Barbie. Jakubowicz lässt in dieser Szene nicht nur zwei klassische Gegenspieler aufeinandertreffen, sondern auch zwei völlig konträre Weltbilder. Die schamlose Dramatisierung des Films hat mit der Wirklichkeit zwar nicht viel zu tun, ist auf der Leinwand aber mitunter effektiv. Und auch wenn die Inszenierung zu Verniedlichungen tendiert, stellt der Film die Kaltblütigkeit der Nazis mit ausführlicher Grausamkeit dar.

Vom Mut zur Grimasse

Unterm Strich wirkt die Welt des Films dann aber doch ein wenig simpel und eindimensional. Es gibt keine Grautöne oder Ambivalenzen, lediglich eine recht schematische, nie aus dem Gleichgewicht geratende Einteilung in Gut und Böse. „Resistance“ erzählt eine manchmal mitreißende, dann wieder leicht kitschige Heldengeschichte, in der es zwar viel Mut braucht, die Welt aber auch durch eine einzige Grimasse zu einem besseren Ort werden kann.

Erschienen auf filmdienst.deRésistance #3Von: Michael Kienzl (9.3.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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