Szene aus Rifkin's Festival
Filmplakat von Rifkin's Festival

Rifkin's Festival

88 min | Komödie | FSK 12
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Ein amerikanisches Ehepaar besucht das San Sebastian Film Festival. Dort fesselt sie die Magie des Festivals, die Schönheit und der Charme von Spanien sowie die Fantasie der Filme. Sie beginnt eine Affäre mit einem brillanten französischen Regisseur, er verliebt sich in eine wunderschöne spanische Frau, die dort lebt.

Filmkritik

Der pensionierte New Yorker Filmhistoriker Mort Rifkin (Wallace Shawn) begleitet seine jüngere Frau Sue (Gina Gershon) zum Filmfestival nach San Sebastián. Die engagierte PR-Agentin Sue organisiert dort die Pressearbeit für den aktuellen Film des aufstrebenden französischen Regie-Stars Philippe (Louis Garrel). Mort hat Angst, dass die attraktive Sue auf die Avancen des ebenso charmanten wie eloquenten Filmemachers eingehen könnte.

Genervt von den überschwänglichen Lobeshymnen auf Philippes Film erkundet Mort die spanische Küstenstadt auf eigene Faust und flüchtet sich in eingebildete Krankheiten. Als er mit angeblichen Herzbeschwerden bei der jungen Ärztin Dr. Jo Rojas (Elena Anaya) vorspricht, findet er eine verständnisvolle Zuhörerin. Auch sie ist in ihrer Ehe mit dem ungestümen Maler Paco (Sergi López) unzufrieden, der sie immer wieder mit seinen hübschen Modellen betrügt, kann sich von ihm aber nicht trennen. Nach mehreren Besuchen in ihrer Praxis zeigt die Ärztin Mort die schönsten Stellen von San Sebastián, der sich bald besser und um Jahrzehnte jünger fühlt. Zudem stellt sich heraus, dass beide enge Bindungen zu Paris und New York haben und das europäische Autorenkino lieben. Währenddessen wird Sue auf Presseterminen, Cocktail-Partys und bei Strandspaziergängen von Philippe umgarnt, und findet zunehmend auch Gefallen an dessen Annäherungsversuchen.

Mit selbstironischem Gestus

Mort schweift in ruhigen Momenten träumerisch zu Schlüsselszenen aus Filmklassikern von Regisseuren wie Orson Welles, Jean-Luc Godard, Ingmar Bergman, François Truffaut und Luis Buñuel ab, deren Meisterleistungen er seinen Studenten immer ans Herz gelegt hat. In diesen Schwarz-weiß-Episoden spiegeln sich oft ironisch gebrochen die aktuellen Sorgen und Nöte des Protagonisten.

Mit den romantischen Irrungen und Wirrungen in der baskischen Küstenstadt San Sebastián schreibt „Rifkin’s Festival“ die europäische Phase von Woody Allen fort, dessen jüngere Filme wie „Match Point“, „Midnight in Paris“, „To Rome with Love“ und „Vicky Cristina Barcelona“ in europäischen Metropolen wie London, Paris, Rom und Barcelona angesiedelt sind. Jetzt liefern die pittoresken Schauplätze der Stadt im Golf von Biskaya den sommerlich-heiteren Background für das Geplänkel im Beziehungsviereck, in dem allerlei Liebesnöte und emotionale Verwirrungen ohne größere Überraschungsmomente verhandelt werden.

Weitaus einfallsreicher sind die insgesamt neun Traumsequenzen in Schwarz-weiß, in denen sich der Protagonist mit gelegentlichem Mut zur Selbstironie in nachgestellten Szenen aus filmischen Meisterwerken wiederfindet. Während die Dialoge und auch die Off-Kommentare des Protagonisten in der eigentlichen Handlung austauschbar bleiben, blitzt in diesen Einschüben der satirische Esprit früherer Allen-Werke auf, wenn etwa eine Frau in einer Bergman-Traumsequenz süffisant konstatiert: „Morts einzige Sünde ist, dass er nur Filme mit Untertiteln mag.“ Oder wenn sich Philippe bei der Schlussgala das Festivals bei dem Antihelden bedankt: „Danke, Mort, dass ich Ihre Frau benutzen durfte.“

Kamera-Altmeister Vittorio Storaro, der schon zum vierten Mal mit Woody Allen zusammenarbeitet, gelingt es, gerade im Kontrast zu den dominierenden Farbsequenzen den Schwarz-weiß-Miniaturen ein gediegenes Flair zu verleihen. Als Höhepunkt erweist sich dabei das skurrile Cameo von Christoph Waltz, der als großherzige Wiedergeburt des Todes aus Bergmans „Das siebente Siegel“ Mort zum Schachspiel am Strand einlädt.

Gefangen in fatalen Gefilden

Allerdings vermag die Besetzung nicht ganz zu überzeugen. Wallace Shawn ist zwar ein versierter Schauspieler, der auch schon etliche Nebenrollen in Allen-Filmen, etwas in „Radio Days“ oder „Melinda und Melinda“ gespielt hat. Als Mort erscheint er aber so eingebildet und larmoyant, dass die Figur kaum zur Identifikation taugt. Der Ex-Dozent tut sich auch im Umgang mit seinen Mitmenschen keinen Gefallen, wenn er herausposaunt, dass er an seinem ersten Roman schreibe, der mit literarischen Größen wie Fjodor Dostojewski oder James Joyce mithalten soll. Rätselhaft bleibt, warum eine erfolgreiche Frau wie Sue, deren erotische Ausstrahlung Gina Gershon facettenreich aufscheinen lässt, je Gefallen an Mort gefunden haben soll. Elena Anaya hingegen setzt bemerkenswerte Akzente als emanzipierte Ärztin, die sich nicht aus einer fatalen Beziehung befreien kann.

Erschienen auf filmdienst.deRifkin's FestivalVon: Reinhard Kleber (8.7.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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