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Filmplakat von The Little Things

The Little Things

128 min | Drama, Thriller, Krimi
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Deke ist der Sheriff von Kern County in Kalifornien, doch er ist ziemlich ausgebrannt und hat seinen Beruf über. Doch als ein Serienkiller sein Unwesen treibt, muss er sich noch einmal aufraffen. Ihm zur Seite steht ein junger Detective aus Los Angeles, der dem alten Provinzcop zuerst skeptisch begegnet. Schnell ist der Jungspund aber beeindruckt von der Spürnase des alten Hasen und dessen Auge für die kleinsten Details. Doch die Partnerschaft wird schnell auf eine harte Probe gestellt, weil Deke Regeln eher eigenwillig auslegt. Und zudem hat der alte Polizist noch ein dunkles Geheimnis in seiner Vergangenheit, welches ihn plagt...

Filmkritik

Deputy Sheriff Joe (Denzel Washington) aus Bakersfield sieht mit seinen grauen Haaren, der etwas fülligeren Figur und den gemächlichen Bewegungen wie kurz vor dem Ruhestand aus. Sein Jagdinstinkt ist jedoch noch voll ausgeprägt. Als er wegen einer Besorgung ins benachbarte L.A. muss, nimmt er auf dem Dezernat heimlich eines der vor ihm liegenden Beweisstücke unter die Lupe. Joe hat hier selbst einmal als Detective gearbeitet, bevor die erfolglose Suche nach einem Serienmörder ihm eine Scheidung und einen Herzinfarkt verpasst hat. Dass man die Geister der Vergangenheit aber nicht so leicht loswird, davon erzählt John Lee Hancocks Neo-Noir „The Little Things“.

Die erste Begegnung zwischen Joe und seinem deutlich jüngeren Nachfolger Jim (Rami Malek) ist scheinbar deshalb spannungsgeladen, weil die beiden Männer so gegensätzlich sind. Alt trifft auf jung, bodenständig auf arrogant, Uniform auf schicken Anzug. Zunächst wirken die beiden wie ein typisches ungleiches Ermittlerpaar, das sich wegen einer verschwundenen Joggerin gemeinsam in den Fall vertieft. Immer stärker zeichnet sich jedoch ab, dass Jim wie eine jüngere Version seines Partners ist. Genau wie einst Joe hat er einen guten Job, eine Frau und zwei Töchter. Doch man sieht seinem gequälten Gesicht an, dass er all das nicht schätzen kann.

Geister der Vergangenheit und ein neuer Verdächtiger

Malek spielt seine Figur als Zerrissenen, mit fahrigen Posen, bebender Stimme und häufig an der Grenze zum Overacting. Joes Gelassenheit ist aber auch trügerisch. Er ist wie ein Süchtiger, nicht in der Lage, sich von seinem ehemaligen Fall zu lösen. Doch das Alter hat ihn gelehrt, sich mit seinem Schicksal abzufinden. Mit Soul-Songs aus den 1960ern träumt er sich in seine unschuldige Jugend zurück, aber nachts starren ihn die Geister der ermordeten Prostituierten an.

„The Little Things“ konzentriert sich nicht darauf, den Täter zu finden, sondern widmet sich ganz der zermürbenden Suche. Die titelgebenden kleinen Dinge sind es, an denen sich die beiden Cops verzweifelt festklammern. Als der seltsame Albert Sparma (Jared Leto) ins Visier der Ermittler gerät, durchwühlen sie seinen Müll, steigen in seine Wohnung ein und überwachen ihn tagelang. Die Frage, ob er der Killer ist, der in der Anfangsszene eine junge Frau über einen nächtlichen Highway gejagt hat, lässt sich so leicht nicht beantworten.

Eine Welt ohne Sicherheiten

Beide Cops befinden sich an einer gefährlichen Schwelle zwischen Gewissenhaftigkeit und Besessenheit. Sparma, der über ein lexikalisches Wissen von Kriminalfällen verfügt und sowieso ein wenig irre ist, geht in die Offensive und genießt es, die Ermittler zu provozieren. Wie Joe und Jim zunehmend die Kontrolle verlieren, entwickelt sich wie vieles in „The Little Things“ schleichend. Die erzählerische Ruhe ist eine der größten Stärken des Films. Der düsteren urbanen Atmosphäre gibt sie ebenso Raum, sich zu entfalten, wie den Schauspielern. Die sich mantra-artig wiederholenden Gittarenklänge und das elegische Dröhnen von Thomas Newmans Soundtrack tun für die allmähliche Sogwirkung ihr Übriges. Hancock richtet sich in einer Welt ohne Sicherheiten ein, irgendwie zwischen Traum und Wirklichkeit, Klarheit und Wahnsinn.

Klassizistisches Genrekino

Das Drehbuch zum Film hatte der Regisseur bereits 1993 geschrieben, und was damals schon ein entschieden klassizistischer Genrefilm geworden wäre, wirkt heute fast ein wenig aus der Zeit gefallen. Polizisten, die den Abstand zu ihren Fällen verlieren, und Serienmörder, die mit ihnen ein perverses Spiel treiben, hat man seitdem oft gesehen. Diese Motive wie auch der Schluss erinnern zum Beispiel an David Finchers „Sieben“ (1995), auch wenn die Filme sonst in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich sind.

Hancock gelingt es mitunter zwar durchaus, dem Bewährten neuen Glanz zu verleihen, aber einiges wirkt hier eher grob skizziert als ausformuliert. Er schafft vielschichte Figuren, die aber in letzter Konsequenz doch recht stereotype Dinge tun. Es ist gut vorstellbar, dass Clint Eastwood und Steven Spielberg, die den Film beide zwischenzeitlich mal hätten inszenieren sollen, dem Stoff mehr Kontur verliehen und vor allem dem Drehbuch noch einen letzten Schliff gegeben hätten. Denn die Handlung, die Hancock über weite Strecken behutsam aufbaut und weiterentwickelt, wird dann etwas lieblos mit einer mäßig zufriedenstellenden Enthüllung, einem vorhersehbaren Twist und einem nicht fertig gedachten Ende abgeschlossen.

Erschienen auf filmdienst.deThe Little ThingsVon: Michael Kienzl (26.1.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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