Szene aus Winski und das Unsichtbarkeitspulver
Filmplakat von Winski und das Unsichtbarkeitspulver

Winski und das Unsichtbarkeitspulver

85 min | Komödie, Fantasy, Familie
Szene 1 aus Winski und das Unsichtbarkeitspulver
Szene 2 aus Winski und das Unsichtbarkeitspulver
Szene 3 aus Winski und das Unsichtbarkeitspulver
Szene 4 aus Winski und das Unsichtbarkeitspulver
In der Kleinstadt Hömpstad sind Einbrecher unterwegs und die Polizei ist überfordert. Der schüchterne Jonas trifft auf einen alten Apotheker, der ihm Unsichtbarkeitspulver gibt, um die Einbrecher zu fangen. Jonas nimmt den Kampf auf, als seine Mutter bestohlen wird. Zusammen mit dem Apotheker bringt er Gauner zur Strecke. Doch Jonas' Mutter neuer Freund gerät unter Verdacht und Jonas muss seine Eifersucht überwinden, um den wahren Täter zu finden. In Gefahr geraten, muss er beweisen, dass er ein wahrer Held ist.
  • RegieJuha Wuolijoki
  • ProduktionDeutschland, Finnland
  • Dauer85 Minuten
  • GenreKomödieFantasyFamilie
  • TMDb Rating5/10 (4) Stimmen

Filmkritik

Seit jeher gehört es zu den Allmachtsfantasien des Menschen, in unsichtbarer Gestalt andere zu beobachten, ohne bemerkt zu werden. Oder straffrei etwas tun zu können, was in sichtbarer Gestalt unmöglich wäre. Der Traum von solchen übernatürlichen Fähigkeiten zieht sich durch die Weltliteratur, von Platons Erzählung über Gyges und seinen magischen Ring bis zu Science-Fiction- und Fantasy-Klassikern von H.G. Wells und J.R.R. Tolkien. Natürlich nutzt auch das Kino das populäre Motiv, etwa in den Verfilmungen der „Harry Potter“-Romane.

In dieser Tradition bewegt sich auch der finnische Schriftsteller Simo Tapio Puupponen (1915-1967) in seinem Roman „Das Unsichtbarkeitspulver“ (1954). In den 1960er-Jahren wurden die Erzählung über einen Jungen, der ein Unsichtbar-Pulver kauft und damit seinen Mitmenschen lustige Streiche spielt, sowie andere humoristische Werke des Autors vom finnischen Fernsehen verfilmt. 2021 nahm sich der Regisseur Juha Wuolijoki des Stoffes an und adaptierte ihn als finnisch-litauische Co-Produktion, die in Finnland zu einem der erfolgreichsten Kinofilme des Jahres 2022 avancierte. „Winski und das Unsichtbarkeitspulver“ erhielt fünf Nominierungen für die finnischen Filmpreise, was für einen Kinderfilm eher ungewöhnlich ist.

Der 53-jährige Regisseur Wuolijoki stützt sich in dem kurzweiligen Abenteuerfilm noch auf eine zweite Traditionslinie: Clevere junge Detektive jagen Übeltäter und Kriminelle. Seit Erich Kästners Klassiker „Emil und die Detektive“ (1929) und dessen Verfilmungen spielen solche Stoffe mit minderjährigen Heldinnen und Helden beim jungen Publikum eine große Rolle.

Einbrüche sorgen für Unruhe

Der zehnjährige Winski (Kuura Rossi) lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter Krista (Pirjo Heikkilä) in dem beschaulichen Hömpstad. In der Schule wird Winski von ruppigen Jungs drangsaliert, wobei ihn nur die dunkelhäutige Roosa (Fiona Iyare) gegen die bösartigen Übergriffe in Schutz nimmt. Für große Unruhe in der Bevölkerung sorgt eine Reihe von Überfällen und Einbrüchen. Gegen die cleveren Verbrecher, die stets maskiert auftreten und von einem Gangster mit gelben Handschuhen gesteuert werden, scheint die personell unterbesetzte Polizei machtlos zu sein. Eines Tages lernt Winski einen älteren Apotheker (Martti Suosalo) kennen, der ihm ein Pulver anvertraut, das unsichtbar macht und mit dem man durch Mauern gehen kann. Der Apotheker glaubt, dass Winski der richtige ist, um die Einbrecher zu überlisten und dingfest zu machen. Dabei ist der Junge alles andere als ein Held, sondern eher schüchtern und zurückhaltend.

Doch dann bricht die Bande auch in der Konditorei seiner Mutter ein und entwendet das Geld aus der Kasse. Zwar nimmt Krista das großzügige Angebot des geschäftstüchtigen Antero (Mikko Leppilampi) an, eine moderne Alarmanlage einbauen, doch Winski reicht das nicht. Er sieht ein, dass er selbst handeln muss und legt sich nachts mit dem Apotheker auf die Lauer. Mit guten Einfällen und klugen Tricks gelingt es dem Jungen, eine Reihe von Einbrüchen zu stoppen und die Täter lahmzulegen, sodass die Polizei sie nur noch einkassieren muss.

Doch dann steht Winski vor einem neuen Problem: Während Antero Krista den Hof macht, entdeckt der Junge bei einem heimlichen Besuch in Anteros Villa Beweise für dessen kriminelle Aktivitäten.

Behutsam modernisiert

Wuolijoki und seine Co-Autoren Jari Olavi Rantala und Mauri Ahola modernisieren die betagte Story behutsam durch einen kuriosen Ausstattungsmix aus Alt und Neu. Während einige Autos im Film aus der Entstehungszeit des Romans stammen könnten, sehen andere wie aus der Jetztzeit aus. Der alte Apotheker setzt auf eine analoge Pinnwand, um die Taten der Verbrecherbande zu dokumentieren. Dagegen verkauft der junge Antero Alarmanlagen mit digitalem Zugangscode, und die agile Krista liest die Berichte in der Tageszeitung über die Einbrüche auf einem Tablet.

Die kindgerechte Inszenierung erzählt konsequent aus Kindersicht und verzichtet trotz Winskis Feldzug gegen die Kriminalität auf drastische Gewaltszenen. Sie setzt lieber auf Humor und Slapstick-Nummern, die insbesondere in den Szenen mit unsichtbaren Figuren für reichlich Lacher sorgen. Der junge Hauptdarsteller Kuura Rossi erweist sich dabei als zugkräftige Identifikationsfigur, die als gemobbter Außenseiter über sich hinauswächst und im gemeinnützigen Engagement gegen das Verbrechen das eigene Selbstwertgefühl steigern kann.

Vor allem in der flott montierten Sequenz über die erfolgreichen Einsätze des Jungen gegen die Ganoven wagt sich die Inszenierung ins Revier des Klamauks vor, denn da braust nach jeder Heldentat von Winski unter heldenhaft dramatischer Musik in Sekundenschnelle ein Polizeiauto mit Blaulicht und Sirene um die Ecke. Fragt sich nur, wie die Gendarmen davon jeweils erfahren haben. Die Komponisten Lasse Enersen und Leri Leskinen geben sich große Mühe, Winskis Abenteuer musikalisch zu begleiten, schießen dabei aber oft über das Ziel hinaus, wenn sie die jeweilige Handlung auf der akustischen Ebene nur verdoppeln.

Erschienen auf filmdienst.deWinski und das UnsichtbarkeitspulverVon: Reinhard Kleber (23.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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