Szene aus Winnetou I
Filmplakat von Winnetou I

Winnetou I

87 min | Western
Deutscher Abenteuerfilm
  • RegieNorbert Schultze Jr.
  • Dauer87 Minuten
  • GenreWestern

Filmkritik

Was lange Zeit unmöglich schien, eine den Vorlagen auch nur etwa gerecht werdende Leinwandfassung von Karl Mays Abenteuerromanen zu schaffen, gelang erstmals mit "Der Schatz im Silbersee". Der Kassenerfolg dieses Westerns eigener Prägung ließ eine Serie erahnen, die sich mit dem ersten Winnetou-Film nun auch anbahnt. Vor genau 70 Jahren geschrieben, nimmt die Geschichte von der Freundschaft des edlen Häuptlings der Apachen und seines weißen Bruders Old Shatterhand auf Breitwand neue Gestalt an. Von erfahrenen Westmännern als Greenhorn verkannt, erweist sich der sympathische Mann aus Deutschland mit der niederschmetternden Faust als umsichtiger und mutiger Abgesandter der Eisenbahngesellschaft, die mit dem Bau des Schienenweges für ihr "Feuerroß" den Frieden mit den Indianern auf keinen Fall stören will. Aber ein paar skrupellosen Verbrechern gilt das Leben von Indianern nichts, wenn es um ihren Vorteil geht. Old Shatterhand vertreibt die Verbrecher, befreit den verratenen Winnetou vom Marterpfahl des Feindstammes und erwirbt sich das Vertrauen der Apachen sowie die Freundschaft ihres Häuptlings, indem er einen gefährlichen Zweikampf als "Gottesurteil" gewinnt. Die Bösen aber ereilt die gerechte Strafe. - Obschon in den Karstbergen Jugoslawiens und nicht im Gebirge des mittleren amerikanischen Westens gedreht, ist das Milieu so echt, wie es nur sein kann. Einzelheiten der Requisiten sind der Vorlage getreu mit peinlicher Sorgfalt nachgestaltet. Von der Handlung her waren naturgemäß Abstriche und Raffungen nötig. Aber auch sie stören nicht, sondern verdichten das Abenteuerliche des Stoffes. Das etwas langsame Anlaufen der Spannung sowie die Schematisierung von Handlungselementen und Figuren geht nicht zu Lasten des Films, sondern entspricht der literarischen Vorlage. Bei aller Noblesse der Grundhaltung wirkt die Massierung von Roheitsdelikten der Bösewichter im Blick auf die jüngsten Jahrgänge der Karl-May-Freunde etwas fragwürdig. Nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mutet es ein wenig seltsam an, daß der weise Lehrer der edlen Apachen, der auch die Freundschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand anbahnt, ausgerechnet ein Deutscher ist, aber auch hierin folgt der Film dem Roman. Er geht so schnell wie möglich über diese Feststellung hinweg, so daß kein falscher Beigeschmack aufkommen kann. Überhaupt vermeidet der Film, obwohl er viele Fragen anschneidet, jegliche Problematik. Er will nicht mehr sein als einfache Unterhaltung im Gewand jener Art von Märchen oder Legende, wie sie Karl May für seine und anscheinend auch unsere Zeit erfand.

Erschienen auf filmdienst.deWinnetou IVon: (12.12.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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