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DogMan

113 min | Drama, Action, Krimi | FSK 16
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In einer Nacht, als die Polizei Douglas (Caleb Landry Jones) aufgreift, trägt er ein Drag-Outfit und ist von Blut bedeckt. Die Ladefläche seines Wagens ist mit Hunden gefüllt. Im Gewahrsam teilt der geheimnisvolle Mann seine Geschichte mit einer Psychologin (gespielt von Jojo T. Gibbs). Es zeigt sich, dass Douglas schon in seiner Kindheit unter den Misshandlungen seines cholerischen Vaters (Clemens Schick) gelitten hat. Die Gewalt eskalierte derart, dass der brutale Vater seinen wehrlosen Sohn schließlich zu den hungrigen Kampfhunden im Garten sperrte. Doch anstatt ihn anzugreifen, schützten die Hunde Douglas. In den folgenden Jahren, als der einstige Außenseiter im Rollstuhl sitzt, blieben die Hunde an seiner Seite. Douglas scheute sich nicht davor, außerhalb der sozialen Normen zu agieren, um seine "Familie" zu verteidigen.
  • RegieLuc Besson
  • ProduktionFrankreich, Vereinigte Staaten
  • Dauer113 Minuten
  • GenreDramaActionKrimi
  • AltersfreigabeFSK 16
  • IMDb Rating6.7/10 (1191) Stimmen

Filmkritik

Vielleicht ist Douglas Munrow fast ein wenig dankbar für seine Verhaftung. Nicht dass er irgendwelche Schuldgefühle hätte, die er dringend loswerden müsste. Dough bereut nichts. Nicht die Einbrüche in die Luxuswohnungen der Reichen und auch nicht die vielen Toten, die halb angebissen und zerfleischt in den Fluren des verlassenen Abbruchhauses liegen. Doch jetzt kann er endlich seine schmerzvolle Lebensgeschichte erzählen und warum er mitten in der Nacht angeschossen und im pinken Kleid in einem Lastwagen voller Hunde unterwegs war. Er muss dafür nicht mal in den versteckten Ecken des Unbewussten kramen; das Erlebte liegt praktisch in wohlproportionierten Erzählhappen schon bereit. Als habe er sein Leben lang auf diesen Moment hingearbeitet. Die Psychiaterin Evelyn muss nur hier und da ein wenig die Richtung korrigieren.

Ein als Therapiegespräch deklariertes Bekenntnis in einem Verhörraum der Polizei ist der Erzählrahmen in „Dogman“ von Luc Besson, von dem aus sich ein Leben in Rückblenden entfaltet. Es beginnt als Kindheitshölle. Doughs Vater ist ein gewalttätiger Tyrann und Sadist, der wie der ältere Bruder gerne die Bibel und Gott bemüht. Seine Kampfhunde lässt er absichtsvoll halb verhungern. Als der Sohn sich auf ihre Seite schlägt, wird er zu ihnen in den Zwinger gesteckt und lebt fortan in völliger Verwahrlosung mit ihnen zusammen.

Shakespeare und die Kunst der Verkleidung

Seine Freiheit, die er dank der unglaublichen Fähigkeiten der Hunde irgendwann wiedergewinnt, kann er jedoch nicht mehr genießen; ein Gewehrschuss des Vaters fesselt ihn für immer an den Rollstuhl. Im Waisenhaus verkümmert er getrennt von seinen geliebten Tieren in großer Einsamkeit, bis eine junge Lehrerin ihm Shakespeare und die Kunst der Verkleidung und des Rollenspiels näherbringt. Als junger Mann lebt er mit einer regelrechten Armee von Hunden in einem verlassenen Schulgebäude. Den kostspieligen Unterhalt der Tiere finanziert er durch Einbrüche, die seine fabelhaften „Kinder“ ganz eigenständig verrichten. Dough nennt es Umverteilung von Eigentum. Doch irgendwann rücken ihm nicht nur ein lästiger Ermittler der Versicherung auf die Pelle, sondern auch eine Gang rachsüchtiger Kartell-Mitglieder.

„Dogman“ ist ein bizarrer Genre-Mix. Der Film beginnt als finsteres Psychodrama, bevor er zum Heist Movie und bretterhartem Actionfilm mit komödiantischer Schlagseite mutiert. Dazwischen gibt es Drag-Performances in einem Nachtclub. Dough, mit Perücke und weiß gepudertem Gesicht, die zittrigen Beine halten ihn mit letzter Kraft, singt Lieder von Marlene Dietrich, Edith Piaf – „Non, je ne regrette rien“. Crossdressing als Fluchtstrategie und Kompensation einer gepeinigten Seele.

Das ist eine nicht unproblematische Kausalbeziehung. Andererseits ist das, was Luc Besson unter Psychologie versteht, so schlicht und durchsichtig, dass der Vorwurf des Reaktionären schon wieder ins Leere führt. „Dogman“ kommt zwar gerade am Anfang mit der Bitterkeit einer echten Passionsgeschichte daher, und für einige Zeit scheint der tragische Schmerzensmann sich sogar auf unheimliche Weise der Joker-Figur anzuverwandeln. Doch kaum zeichnet sich ab, dass „Dogman“ sich zu einem hässlichen Incel-Drama entwickelt, rutscht die Geschichte auch schon wieder in kindischen Aberwitz ab.

Superheldenfilm mit Hunden

Als eine Art Superheldenfilm mit Hunden findet „Dogman“ zu seiner wahren Bestimmung. Dough, den der Schauspieler Caleb Landry Jones im Ambivalenzbereich zwischen glaubwürdigem Charakterporträt und leicht entrückter Kunstfigur anlegt, hat seine Hunde auf alle möglichen Dienstleistungen und akrobatischen Tricks trainiert. Sie sind Boten, Retter, Juwelen-schnüffelnde Meisterdiebe, Privatarmee und aufmerksame Zuhörer bei Shakespeare-Lesungen. Man kann mit ihnen auch fantastisch Kuchen backen; dann sind sie echte Küchenhelfer.

Zwischen diesen Drolligkeiten, zwischen Trash, Übertreibung und heillosem Blödsinn will der Film aber auch wieder ein ernst zu nehmendes Moralstück sein, ein Plädoyer für die Traumatisierten und Ausgestoßenen. Dass das alles nicht recht zusammenpasst und Luc Besson keinen Ton lange durchhält, kommt „Dogman“ letztlich zugute. Als sonderbare Promenadenmischung versprüht der energetische Film ein paar leuchtende Funken.

Erschienen auf filmdienst.deDogManVon: Esther Buss (22.2.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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