Szene aus Black Panther: Wakanda Forever
Filmplakat von Black Panther: Wakanda Forever

Black Panther: Wakanda Forever

155 min | Abenteuer, Science Fiction, Action | FSK 12
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Der König ist tot! König T'Challa, der als Black Panther auch Mitglied der Avengers-Heldentruppe war, stirbt an einer unbekannten Krankheit und ganz Wakanda ist in Trauer. Die Weltgemeinschaft sieht ihre Chance gekommen, um das vermeintlich geschwächte Königreich endlich zu Zugeständnissen bei der Lieferung des mächtigen Minerals Vibranium zu bewegen - und scheut dabei auch vor bewaffneten Überfällen nicht zurück. Doch Königin Ramonda bleibt standhaft und weist die Staatsoberhäupter in ihre Schranken. Wakanda wird auch ohne König T'Challa und den Black Panther weiter existieren und nicht vor anderen Nationen buckeln. Zur selben Zeit haben die USA mithilfe der erst 19 Jahre alten MIT-Studentin Riri Williams ein Gerät zur Aufspürung von Vibranium entwickelt und werden auch auf dem Grund des Meeres fündig. Angeführt von König Namor, bereitet sich das unter dem Meer lebende Volk der Talokanil aus dem Königreich Talokan darauf vor, einen Krieg mit den Landbewohnern zu beginnen.

Filmkritik

„In meiner Kultur ist der Tod nicht das Ende. Es ist eher ein Ausgangspunkt.“ Dieser Satz, den Chadwick Bosemans T’Challa in „The First Avenger: Civil War“ 2016 sprach, war der markanteste aus dem ersten Auftritt des Schauspielers als Marvels „Black Panther“ in Vorbereitung auf die dieser Figur gewidmete eigene Filmreihe. Der 2018 folgende erste „Black Panther“-Solofilm war dann mehr als ein Kinoblockbuster: Er wurde zu einem kulturellen Phänomen ersten Ranges, das eine ganze Zuschauergeneration geprägt und zusammen mit der historischen Koinzidenz der „Black Lives Matter“-Bewegung die Art und Weise verändert hat, wie schwarze Figuren auf der Leinwand dargestellt und ihre Geschichten erzählt werden. Umso größer der Schock, als Hauptdarsteller Chadwick Boseman im Jahr 2020 überraschend verstarb. Plötzlich stand das neueste und erfolgreichste Franchise innerhalb des MCU ohne Hauptdarsteller dar. Die Reihe musste sich und die Hauptfigur neu erfinden.

Die eigentliche Hauptfigur ist eine Nation

Ryan Cooglers „Black Panther: Wakanda Forever“ kann nur vor diesem Hintergrund und mit dem Wissen des größten Teils des Zielpublikums darum verstanden werden. Prinz T’Challa, um dessen Machtübernahme nach dem Tod seines Vaters der erste Teil kreiste, ist mittlerweile an einer heimtückischen Krankheit verstorben, angelehnt ans Schicksal seines Darstellers. Zunächst liegt der Schwerpunkt des Films auf Trauerarbeit und auf der Ehrung der Figur, die geschickt in die Handlung integriert werden. Zugleich wird aber betont, dass das fiktive afrikanische Land Wakanda, die Heimat des Black Panther, mehr ist (und auch in Teil 1 schon mehr war) als nur Hintergrundrauschen für einen Helden, sondern essenziell für den Film: als Utopie einer afrikanischen Nation mit archaischen Bräuchen, Traditionen, eigener Mythologie im Einklang mit avancierter Technologie und wertvollsten seltenen Bodenschätzen, die ihr einen Wissens- und Machtvorsprung gegenüber dem Rest der Welt inklusive den großen Industrienationen ermöglichen.

Es muss späteren film- und kulturwissenschaftlichen Untersuchungen vorbehalten sein, herauszuarbeiten, inwieweit auch dieses Bild einer selbstbewussten afrikanischen Weltmacht möglicherweise kulturelle Klischees transportiert und begründet: in den von außen exotisch anmutenden Ritualen, in der Bedeutung von Magie und Tradition, in der Gesellschaftsstruktur eines Königreichs und in der Handlungsvoraussetzung, dass es eben Bodenschätze sind, die Wakanda auch für den geopolitischen Ehrgeiz anderer Mächte interessant machen.

Atlantis trifft Maya-Mythen trifft „Avatar“

Mehr als die üblichen Verdächtigen – allen voran die USA, kurz dahinter EU-Staaten wie Frankreich – wird Wakanda im Lauf des neuen Films jedoch eine bisher unbekannte Nation zu schaffen machen: das sich gegenüber der übrigen Welt und ihren „Kolonisatoren“ abschottende, technologisch avancierte Unterwasser-Großreich der Talokan, die Maya-Yucatan sprechen. Ihre Herkunft wird in einer längeren Rückblende auf einen Indiostamm zurückgeführt, der zur Zeit der spanischen Conquista unterzugehen drohte, dessen Erbe dann aber dank Magie und Mutation zum Gründer und Herrscher einer neuen Unterwassernation wurde – Altlantis trifft Maya-Mythologie trifft „Avatar“-Fantasy. Man kämpft mit mal weichem, mal knallhartem Wasser, kann wie die mythischen Sirenen mit Tönen Feinde in den Untergang locken und reitet auf Walen.

Die Story schreitet in Etappen voran, in denen die Handlung immer wieder nach Wakanda zurückgeht und neben bekannten Charakteren wie Prinzessin Shuri (Letitia Wright), der Königin (Angela Bassett) und Okoje (Danai Gurira), der Kommandantin der kämpferischen Dora Milaje, zugleich neue Figuren in das MCU einführt, um ihre Geschichte zu erzählen und deren Weiterwirken in die Zukunft zu begründen. Den Anstoß für die Handlung liefern Versuche der Amerikaner, im Ozean Vorkommen von Vibranium aufzuspüren, jenes seltenen Metalls, dem Wakanda seinen Wohlstand verdankt. Dabei gerät eine US-Einheit unwissentlich den Talokan in die Quere, die nun die Geheimhaltung und den Frieden ihres ebenfalls über Vibranium verfügenden Unterwasserreichs in Gefahr sehen. Namor (Tenoch Huerta), der mit dem gefiederten Schlangengott der Maya assoziierte Herrscher der Talokan, will Wakanda in eine Allianz nötigen und präventiv den übrigen Staaten der Oberwelt den Krieg erklären. Und sollte Wakanda unwillig sein, diese Partnerschaft einzugehen, dann droht Namor, zuallererst das afrikanische Land selbst anzugreifen.

Große Action und noch größere Gefühle

In „Black Panther: Wakanda Forever“ gibt es viele Tote und überraschende Wendungen, zugleich liefert der Film eine kraftvolle, mitunter schmerzhafte und äußerst respektvolle Darstellung von Trauer, Verlust, aber auch der Bedeutung von Vermächtnis und Tradition, grundiert mit einer Dosis Hoffnung. Und zwar auf die spektakulärste Art und Weise, die möglich ist. Es ist, als ob der Film selbst alle Phasen der Trauer durchspielt, und am Ende gehen Wakanda, seine Bevölkerung und sämtliche Hauptfiguren emotional verändert aus dieser Reise hervor.

In der fast dreistündigen Laufzeit stechen Angela Bassett als Königin Ramonda, die nach dem Verlust ihres Ehemanns in „Civil War“ und ihres Sohnes die Krone und schwer, aber mit stoischer Grandezza an der Last von Verlustschmerz und Verantwortung trägt, sowie Neuling Tenoch Huerta als rund 500 Jahre alter, moralisch ambivalenter Unterwasserherrscher besonders hervor. Neben Letitia Wright, deren Shuri zur neuen Hauptfigur aufgebaut wird, kommt mit Dominique Thorne als Tech-Genie Riri Williams zudem noch eine neue, interessante jugendliche Heldin ins Spiel, die in kommenden MCU-Filmen noch eine größere Rolle spielen dürfte.

„Black Panther: Wakanda Forever“ bedient gekonnt die Action-Schauwerte des Superheldengenres, erschöpft sich aber nicht darin. Im Zentrum steht die universelle Geschichte einer Nation, die viel gelitten hat und weiter leidet, aber darum kämpft, sich nicht von diesen Tragödien vereinnahmen zu lassen. Die politische Zielrichtung dieses offen politisch gemeinten Films ist dabei auf den ersten Blick klar: Es geht einmal mehr um das Empowerment nicht-weißer Menschen, verbunden mit einer Kolonialismus- und Imperialismus-Kritik im Allgemeinen und am geopolitischen Einfluss der USA im Besonderen, der genauso wie das Wirken von CIA und NSA eindeutig negativ konnotiert wird. Hier ist ein US-amerikanischer Film deutlich kritischer als die meisten europäischen Filme und andere Kulturprodukte.

Die politischen Perspektiven sind pessimistischer

Bei genauerem Hinschauen und im Kontext entpuppt sich die politische Botschaft indes als zwiespältiger. Schlussendlich sind es zwei indigene Nationen, die hier gegeneinander kämpfen, sich gegenseitig bis an den Rand der Vernichtung schwächen werden und damit – „divide et impera“ – die traditionelle Großmacht USA indirekt profitieren lassen. Um das nur als Warnung zu verstehen, dafür ist dieser Aspekt der Handlung nicht eindeutig genug erzählt. Man kann auch nicht übersehen: Weder Wakanda noch Talokan sind Demokratien. In beiden herrschen Fürsten in klaren Hierarchien. Was der Film keineswegs in kritischem Licht zeigt – denn obwohl er nur bedingt als „woke“ Übermenschenfantasie taugt, akzeptiert er Privilegien, die durch Herkunft entstehen, und betont ihren Wert.

Zudem fällt auf, dass der Tonfall des Films in Hinblick auf die internationalen Beziehungen im Ganzen pessimistischer ausfällt als noch im ersten Teil: Während die Zuschauer dort am Ende eine Zukunft in Aussicht gestellt sahen, in der Wakanda unter seinem neuen König T’Challa seinen Isolationismus aufgeben und zu einer prägenden Stimme im Kreis der Vereinten Nationen werden würde, bleibt das Verhältnis des utopischen Staates zu anderen Ländern diesmal bis zum Schluss von Reserviertheit und Misstrauen überschattet, auch wenn Shuri sich schlussendlich durch eine Geste der Großmut auszeichnet.

Am Ende ist aber immerhin die Trauerarbeit um den Verlust T’Challas zu Ende und das eigentliche Ziel erreicht – Chadwick Boseman ist zwar nicht vergessen gemacht, hat aber eine würdige Nachfolgerin als „Black Panther“ und Wakanda eine neue Herrscherin gefunden. Wie diese und ihre Nation sich in weiteren MCU-Filmen zur internationalen Gemeinschaft – und vielleicht zu einem neuen Superheldenteam in Nachfolge der „Avengers“ – verhalten werden, bleibt abzuwarten.

Erschienen auf filmdienst.deBlack Panther: Wakanda ForeverVon: Rüdiger Suchsland (18.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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