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Filmplakat von Napoleon

Napoleon

157 min | Drama, Kriegsfilm, Historie | FSK 12
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Ein persönlicher Blick auf die Herkunft des französischen Militärführers und seinen schnellen, rücksichtslosen Aufstieg zum Kaiser, betrachtet durch das Prisma von Napoleons süchtig machender, unbeständiger Beziehung zu seiner Frau und seiner einzigen wahren Liebe, Josephine.

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Filmkritik

Als der Artillerie-Kommandant Napoleon Bonaparte während der Französischen Revolution sieht, wie die Köpfe rollen, ahnt er bereits, dass er erhobenen Hauptes durch diese schweren Zeiten schreiten wird. Seine korsische Herkunft steht ihm zwar im Weg, doch er hat immerhin einige militärische Erfolge vorzuweisen. Ein erster Schritt ist das Kommando bei der Wiedereinnahme von Toulon im Jahr 1793. Es ist die erste Schlacht des Films, die Napoleon als Kämpfenden mitten im Getümmel zeigt. Das Schlachtfeld ist seine Welt. Das Gesicht noch vom Blut der Gegner bespritzt, wird er zum Brigadegeneral befördert. Dem Tod war er schon öfters nahe, doch die größten Herausforderungen warten noch auf ihn. Die finden nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern zu Hause zwischen den vier Wänden statt.

Nach der Einnahme von Toulon sieht man Napoleon kursorisch als Feldherrn in Ägypten. Die großen Schlachtengemälde des Films sind diejenigen, die auch in den Schulbüchern stehen und von den Napoleonischen Kriegen erzählen: die Schlacht von Austerlitz, der Russlandfeldzug mit dem Einmarsch in das von der Bevölkerung verlassene Moskau sowie die Schlacht von Waterloo.

Die Schlacht von Austerlitz

Regisseur Ridley Scott legt es durchaus darauf an, Erwartungen an die Geschichtsträchtigkeit des Stoffs wie auch an seine eigene Handschrift als Meister historischer Actionfilme wie „Gladiator“ und „Königreich der Himmel“ zu erfüllen. Die Choreografie der Massen und die Montage des Schlachtgetümmels lassen wenig zu wünschen übrig, auch wenn sie nicht an die Intensität der Kampfszenen in „Gladiator“ heranreichen.

Die nach der Kaiserkrönung stattfindende Schlacht von Austerlitz im Jahr 1805, die Napoleon innerhalb weniger Stunden für sich entschied, wird zum Kristallisationspunkt seines militärischen Ruhms und der filmischen Gewaltästhetik. Die Kamera schwelgt in den Bildern der in den zugefrorenen Teichen ertrinkenden russischen und österreichischen Soldaten, nachdem die Eisschicht von den französischen Kanonenkugeln zerschossen worden war. Innenpolitisch scheint Napoleons Macht dadurch gefestigt. Doch die misslingenden Friedensbemühungen und der darauffolgende Feldzug gegen Russland, der im menschenleeren Moskau und dem Tod der französischen Truppen im russischen Winter mündet, drehen das Spiel um die Macht zuungunsten von Napoleon. Die (erste) Verbannung 1814 nach Elba ist die Folge.

Ridley Scott und dem Hauptdarsteller Joaquin Phoenix geht es um das Porträt eines Mannes, der als Feldherr souverän, als Staatsmann aber unsicher ist. Das ist im Historiengenre ein weit verbreitetes Motiv, um den männlichen Helden ambivalent erscheinen zu lassen. Als Brigadegeneral lässt er 1799 auf die aufständischen Adligen in Paris genauso mit Kanonen schießen, wie auf die Feinde auf den Schlachtfeldern. Während des Staatsstreichs, als das Gelingen des Umsturzes noch nicht gesichert ist, sieht man, wie schnell der Mut des Protagonisten sich in sein Gegenteil verkehren kann. Als die Konsuln, deren Absetzung Napoleon verfügte, sich zur Wehr setzen und sich auf ihn werfen, stürzt er auf die Straße hinaus. Die pure Angst ist dem noch jungen Mann ins Gesicht geschrieben; Joaquin Phoenix unterstreicht diese kurze Irritation im Selbstverständnis eines sich grundständig als Heros begreifenden Mannes. Als die Situation sich dann aber wendet, schaltet er wieder auf Souveränität um. Am Ende kann Napoleon sich glücklich schätzen, dass ihn nur die Strafe der Verbannung und nicht die Guillotine ereilt.

Im Bett mit einem anderen

Ridley Scott zollt dem machthungrigen Mann etwas zu viel Ehrerbietung, wenn seine Erkrankung auf St. Helena ins erzählerische Off verlagert wird. Er stellt Napoleon auf einen Sockel, der zwar ins Wanken gerät, aber nie umfällt. Erste Anzeichen von Schwäche zeigen sich bereits während des Ägypten-Feldzugs, als er von seinem General erfährt, dass seine Frau einen anderen in ihr Bett lässt. Selbst auf die Gefahr hin, dass man ihm Fahnenflucht vorwerfen könnte, reist er ohne Umschweife zurück nach Paris, wo sich schon die ganze Stadt das Maul über die Affäre zerreißt. Der mit der Revolution eingeleitete Strukturwandel der Öffentlichkeit fließt in die Presse ein.

Man könnte meinen, dass sich seine Ehefrau Joséphine (Vanessa Kirby) langweile, weil ihr Mann so lange fort ist, und sie sich deshalb in die Arme eines anderen wirft. Doch sie hat den jungen Mann bereits zuvor kennengelernt und sich unter Napoleons Argusaugen angeregt mit ihm unterhalten. Als Napoleon sie anschließend in ihrem Schlafzimmer brutal von hinten vergewaltigt, ist dies auch eine Bestrafung für den Flirt zuvor. Doch sie wäre wohl nie auf die Idee gekommen, dass ihre Affäre öffentlich werden und Napoleon eigens aus Ägypten kommen könnte, um sie zur Rede zu stellen. Auch sie erkennt die Zeichen der sich wandelnden Zeit nicht. Dennoch existiert ein schwer zu verstehendes Band zwischen beiden, das auch dann nicht reißt, als Napoleon die Scheidung durchsetzt, als sie ihm keinen Erben gebiert.

Der Traum vom Heldentum

Wie wichtig dieser Handlungsstrang der Ehe mit Joséphine ist, zeigt sich auch darin, dass man beide aus den Briefen rezitieren hört, die sie sich während seiner Abwesenheiten schreiben. Sie zeugen von der Sehnsucht Napoleons und davon, dass diese Liebe auch ganz anders hätte gelebt werden können, wenn sein Verlangen nach Macht dem nicht entgegengestanden hätte. Auf diese Weise changiert der Film zwischen spektakulärem Genrekino und leiseren zwischenmenschlichen Tönen, die die Zerrissenheit und Schwäche des Protagonisten zum Ausdruck bringen. Am Ende siegt die Erinnerung an sein Heldentum.

Erschienen auf filmdienst.deNapoleonVon: Thomas Klein (30.8.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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